Auf das Beste hoffen, für das Schlimmste planen

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 616

Armin Thurnher
am 03.01.2022

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Mit Prognosen weiterhin vorsichtig ist Epidemiologe Robert Zangerle. Dennoch kann er das offizielle Handeln, das er seit langem „konzeptloses Köchelkonzept“ getauft hat, nur mehr satirisch betrachten. Er bringt viel Material, wie sich Omikron in verschiedenen Ländern verhält. Und er zeigt, wie man mit vernünftigen Maßnahmen die „falsche Alternative von Gesundheit und Freiheit“ außer Kraft setzen kann. A. T.

»Streift die Omikron-Welle Österreich möglicherweise nur am Rande? Sind wir am Ende doch eine Insel der Seligen? Wird Giovanni Battista (Giambattista) Montini, eher bekannt als Papst Paul VI., zum 50. Jubiläum seiner Österreichanalyse, trotz tausender Einsprüche doch vollständig rehabilitiert?

Oder, falls die Welle doch auch in Österreich zu beobachten sein wird, ist sie dann „unausweichlich“? Angesichts der steilen Wachstumskurven wird auch von einer Wand statt einer Welle gesprochen. Als ob nicht schon der Begriff Welle genug Metapher wäre, transportiert man mit der Wand das Unausweichliche. Ein Fatalismus, dem offenbar wenig entgegen gesetzt werden kann.

Es brauche Mut und Zuversicht, so Bundespräsident Alexander van der Bellen in der Neujahrsansprache, in der man Konkretes zur Krisenbewältigung vermisste. Weiters: „Es darf uns nicht alles wurscht sein“, aber sich gemein zu machen mit dem Ziel, dass weniger Menschen leiden und sterben, stand nicht zur Disposition. Wo blieb die Erzählung, dass Regeln das gemeinschaftliche Leben erleichtern? Warum lassen wir so viel Leid zu, obwohl wir alles Wissen parat hätten, um Krisen zu lösen?

So hilft der Bundespräsident nicht, die beiden sich widersprechenden Erzählungen zu entkräften: einerseits, dass es so schlimm eh nicht kommen werde oder andererseits, dass man wenig gegen das Unausweichliche, die Wand, tun könne. Wir müssen also damit rechnen, dass erneut zu wenig zu spät gehandelt werden wird.

„Zum jetzigen Zeitpunkt werden wir abwarten und die Lage beobachten“, tönt es aus dem Weißen Haus auf die Ankündigung einer Astronomin, ein Komet rase auf die Erde zu und drohe schon bald alles Leben auf unserem Planeten zu vernichten. Die Präsidentin der USA, ganz Polit-Profi, ergänzte noch, dass die Halbzeitwahlen kurz bevorstehen und sie fürchte, die Nachricht eines nahenden Kometen könnte sich dabei ungünstig für sie auswirken. Deshalb entscheidet sie, „Ruhe zu bewahren“ und zu „sondieren“. Dieser Dialog der schwarzen Komödie Don’t Look Up, seit einigen Tagen ein Renner auf Netflix, entpuppt sich nach knapp zwei Jahren Pandemiepolitik in Österreich als explosive Komik. Ob jetzt Weihnachten, Silvester oder Halbzeitwahlen, manchmal hilft Satire, auch wenn die Sache nicht zum Lachen ist.

Wie ist denn die Ausgangslage, ehe die Verbreitung von Omikron groß an Fahrt aufnimmt? Das kann nur mit größter Vorsicht beantwortet werden, da die Feiertags- und Feriensituation mit reduzierter Testmöglichkeiten und geändertem Testverhalten der Bevölkerung (die einen testeten mehr, die anderen weniger), sodass – wie hier schon so oft moniert – die Positivitätsrate der Tests in den Mittelpunkt rücken sollte. Seit Anfang 2021 schmeißt man aber einfach alle Indikationen zum Test zusammen, die öffentlichen Screenings und die Tests zur Abklärung von Kontakten und symptomatischen Personen landen im gleichen Topf.

Die Positivitätsrate war in Österreich seit jeher ein vernachlässigter Indikator für das Infektionsgeschehen und wurde nun zu einer kaum mehr interpretierbaren Anzahl durchgeführter Tests per identifiziertem Fall verhunzt. Selbst das wurde aus den Beschlussgrundlagen und Einstufung der Corona Kommissiongetilgt und durch eine primitives Aufzählen der Tests pro 100 000 Einwohnern ersetzt. Erbärmlich. Andererseits ist ein dreifacher Anstieg dieses verhunzten Wertes (von 0,5% auf 1,5%), der gestern durch die Medien geisterte, trotzdem ein untrügliches Zeichen, dass die Welle gerade losgeht.

Der beobachtete Umkehrpunkt der Fallzahlen fällt auf den Stephanitag, außer in Wien (22.12.) und Vorarlberg (29.12.). Wie weit das zutrifft oder ein Artefakt ist, kann nicht beantwortet werden. In der logarithmischen Skala schaut es aber schon wieder wie eine Gerade aus (= exponentielles Wachstum). Ist nicht die derzeitige Stille um präventive Konzepte schon ein Gradmesser dafür, dass Fallzahlen steigen?

Hilft ein Blick auf Abwasseranalyen? Dort ist ein Umschlagpunkt oder ein Wiederanstieg nicht festzustellen. Aus den Abwasserdaten lassen sich prinzipiell keine tägliche Entwicklungen herauslesen. Man könnte deshalb einwenden, dass die Zuwächse an Fällen in den letzten Tagen jetzt nicht so bemerkenswert waren, dass sich das im Abwasser widerspiegeln müsste.

Andererseits gibt es eine interessante Beobachtung aus Zürich, in dessen Abwasser zuletzt markant weniger Coronaspuren nachgewiesen wurden, während die Zahl der positiv getesteten Personen und auch die Positivitätsrate der Tests – in der Schweiz berücksichtigt man diese Zahl – neue Höchststände erreichte. Experten können sich das nicht erklären. Womöglich seien über die Festtage einfach viele Leute nicht bei der Arbeit oder nicht Zuhause. Wenn diese Hypothese stimmt, sollten die Werte bald wieder ansteigen.

Aufnahmen ins Krankenhaus steigen typischerweise eine Woche später an, in den Intensivstationen ist es noch ein paar Tage später (10-14 Tage danach). So schauen auch die Zahlen über die Belegung der Krankenhäuser durch Patienten mit Covid auch aus. Die Belegung nimmt unverändert und kontinuierlich ab. Ob dieser Rückgang ausreichend war, um das Personal für die Logistik der zu erwartenden Belastung durch die „Omikron-Welle“ adäquat vorzubereiten, sei dahingestellt. Bei den Normalpflegestationen schaut es ganz danach aus, obwohl deren Belegung für das gesamthafte Funktionieren des Gesundheitssystems während der verschiedenen Wellen in der Öffentlichkeit unterschätzt wurde. Das „Nadelöhr“ Intensivstationen leerte sich zu wenig; bis Weihnachten war es überall auf einem Niveau, auf dem Operationen und Behandlungen nach wie vor verschoben werden müssen. Und es ist zu befürchten, dass ab 10. Jänner, wenn die Feiertags- und Ferienzeit beendet ist, erneut ein solches Niveau (Auslastung über 15%) erreicht sein wird. In Tirol ist die Situation auf den Intensivstationen anhaltend prekär. Und in den nächsten Tagen drohen eisige Pisten, auf denen die Zahl der Verletzungen zunehmen wird.

Diese Fokussierung auf die Belegung der Intensivstationen geht weiter, als hätte es diesbezüglich nie Erfahrungen gegeben. Zuletzt die „Deltawelle“? Schwamm drüber. Grundsätzlich ist jetzt der komplett falsche Zeitpunkt, um darüber zu diskutieren. So als finge ich mit 70 an, mich endlich um die Altersvorsorge zu kümmern. Wäre reichlich spät.

Die jetzige Situation ist also schwer einzuschätzen. Die massive Verringerung des Infektionsgeschehens durch den „Lockdown“ vom 22. November bis 13. Dezember hat Österreich tatsächlich in eine bessere Ausgangssituation gebracht. Das ist in anderen Ländern nicht so. Trevor Bedford, ein Epidemiologe aus Seattle, hat gemeinsam mit einem Kollegen mit Daten von GISAID und Our World in Data  die Verbreitung der Virusvarianten Delta und Omikron modelliert. Die GISAID (Global Initiative on Sharing All Influenza Data) ist eine weltweite Wissenschaftsinitiative, die freien Zugang zu Genomdaten von Influenza- und SARS-CoV-2-Viren fördert .

Die nachfolgende Grafik zeigt die Modellierung zum 23. Dezember, ist also kein Abbild der jetzigen Verbreitung von den Virusvarianten Delta und Omikron. Prinzipielle Muster lassen sich aber damit gut erklären. Südafrika hat eine alleinige Omikron Welle, während Großbritannien und Dänemark eine massive Deltawelle haben auf die sich (leichter?) eine Omikron Welle aufpfropfte, die inzwischen dominiert und sich dort rasend ausbreitet. In der Schweiz und Spanien ist Omikron über Weihnachten auch dominant geworden und die Fallzahlen schnellen in neue Rekordhöhen. In Großbritannien und Dänemark sind die Zahlen auch deswegen so in die Höhe geschossen, weil kaum Kontrollmaßnahmen mehr galten (beide hatten einen Freedom Day, Mitte Juli bzw. Mitte September), während das in Deutschland so nicht der Fall war und dort zuletzt mit zusätzlichen Maßnahmen nachgezogen wurde. Dass Südafrika den Peak der Fälle bereits erreicht hat, scheint sich inzwischen zu bestätigen. Was schnell hochgeht, geht auch oft schnell wieder runter? Zumindest ich verstehe da einiges nicht. London, Dänemark und Spanien sind genug Anschauungsunterricht.

Bedford und sein Kollege haben zwar noch weitere Länder dargestellt. Österreich befindet sich aber nicht darunter (Zu wenig sequenziert? Zu wenig Sequenzen GISAID zur Verfügung gestellt?), hat aber einen deutlichen Startvorteil, weil eben im Vergleich mit schärferen Kontaktmaßnahmen und niedrigerem Infektionsgeschehen Zeit gewonnen wurde. Die gute Position Österreichs kann im Vergleich der hier modellierten Länder mit aktuellen Fallzahlen, Patienten im Krankenhaus und einer etwaigen Übersterblichkeit gezeigt werden. Das soll kein Ländervergleich sein, die hinken häufig und berechtigterweise, weil sie meist „unterkomplex“ diskutiert werden („Aber Schweden!“).

Nicht nur das, Vergleiche zu einem bestimmten Zeitpunkt (cross sectional) vernachlässigen unterschiedliche Dynamiken aufs sträflichste. Also das alles außer Acht lassend, können wir feststellen, dass Österreich vor der Omikron-Welle deutlich weniger Fälle und Patienten im Krankenhaus hat, dass aber die Übersterblichkeit im November und Anfang Dezember in Österreich doch deutlich erhöht ist (Zahlen enden am 5. Dezember), ähnlich den Niederlanden, weniger stark als in Deutschland. In Südafrika ist ein mäßiger Anstieg im Dezember zu beobachten (Zahlen enden am 19. Dezember). In Dänemark und Großbritannien liegt bis zum 12. Dezember keine erhöhte Übersterblichkeit vor. Die Fallzahlen explodierten danach!

Es können und sollen hier nicht die Unterschiede zwischen den Ländern erklärt werden, vielmehr soll die Darstellung dieser Unterschiede helfen, Verständnis für dynamische Entwicklungen herzustellen. Eine solche ist die gerade in Österreich entstehende Welle an Infektionen mit der Omikronvariante. Der Omikronvariante wird mit allerlei Werkzeug gegen SARS-CoV-2 begegnet, wie mit Impfungen. Die dritte Impfung ist dabei generell unverzichtbar. Die hier gezeigten Länder, abgesehen von Südafrika, unterscheiden sich auf den ersten Blick wenig, weil zwei Impfungen annähernd gleich häufig verabreicht wurden. So stimmt das aber nicht, weil bei den Älteren (50+) Deutschland, die Schweiz und Österreich deutlich weniger 2x Geimpfte haben. Bei der 3. Impfung ist es verwirrender, hier hat ganz Europa geschlampt, man wollte es weder Chile noch Israel nachmachen, sodass die Raten der 3. Impfung überall relativ niedrig sind. Österreich hat hier im Vergleich Viele, die ein 3. Mal geimpft wurden, aber neuerlich zu wenig priorisiert. Priorisieren: man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen!

Inwieweit diese Unterschiede, die unterschiedlichen nicht-pharmazeutischen Interventionen und das früher oder späte Handeln den Verlauf der Pandemie in diesem Winter bestimmen, kann kein Modell mit Gewissheit bestimmen. Dementsprechend schwierig sind Prognosen über mehrere Wochen hinweg. Von Interesse sind auch die Grundlagen für die Prognosen, so wurde zuletzt am 22. November nachgefragt, wie viele Fälle eine Belegung von 10% der Intensivbetten überschreiten lassen, das waren nach den Berechnungen vom August 1 800 Fälle. In einer neuen Berechnung des Policy Brief des Prognose Konsortiums vom 22. Dezember wäre es jetzt an die 3 000 Fälle. Diese Steigerung scheint durchaus plausibel zu sein, trifft Omikron doch viele Geimpfte, die Covid häufiger weniger schwer treffen wird. Wenn die Virulenz von Omikron im Vergleich zu Delta mit 50% angenommen wird – auch das ist nach den Daten aus Großbritannien zulässig – dann wären es 6 000 Fälle. Von 6 000 dauert es aber nicht lange, bis es 15 000 Fälle gibt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird das noch im Jänner eintreten.

Die Regierung legt im Aufbau der Omikron-Welle eine Kommunikationspause ein. Kontaktbeschränkungen funktionieren, aber wie kann man das machen ohne größere Verwerfungen? Größere Veranstaltungen nur mit negativem Test? Größe reduzieren oder Abstände vorschreiben? Was macht man mit den Ausnahmen in der Maskenpflicht in Innenräumen? Ausnahmen, wie zum Beispiel in Restaurants, wo man Masken beim Essen und Trinken per Definition nicht tragen kann. An solchen Orten künftig nur Geimpfte und Genesene, die zusätzlich ein negatives Testresultat vorweisen können? Gültigkeitsdauer der Impfungen und Genesenenstatus? Was gilt als vollständige Impfung? CO2 Management kann nicht aus dem Boden gestampft werden, aber Abstand zwischen Tischen in der Gastronomie, das würde auch die Aerosolbildung reduzieren. Essen und Trinken in öffentlichen Verkehrsmitteln vorübergehend einstellen, das sollte doch auch möglich sein. Wie widerlich da manche ewig kauen und schlürfen. Schule? Eigentlich ist genug gesagt, zumindest gilt die Schulregelung vom 13. Dezember bis zum 14. Jänner . Es werden wohl noch Maßnahmen zur Sicherheit vor dem 10. Jänner verlautbart werden.

Viele Fragen. Ob GECKO hier der Regierung zeitnahe „akzeptable“ Lösungen präsentieren wird können? Inzwischen füllt sich die Kommunikationslücke der Regierung mit Gerüchten, etwa, dass die vifen Kerle von der Coronamaßnahme des dummen Kerls overruled werden. Manche Gerüchte sind aber gar keine Gerüchte.

Die Maske wird also ganz zentral. Dafür wurde hier im Mai 2020 eine Lanze gebrochen . Heute stelle ich meinen Salzburger Cousin, Michael Budig, zum vierten Mal vor. Er lebt mit Familie in Singapur, und das Maskentragen fiel ihm nie schwer. Auch seinen Kindern, zweieinhalb und sechs Jahre alt, macht der Zoobesuch in Singapur mit oder ohne Maske Freude. Der Ältere leidet seit Geburt an Cerebralparese, falls sich jemand wegen der großen bequemen Schuhe fragt. Im Sommer wollte Michael einen Abstecher von Venedig zu seinen Eltern machen, letztlich hat er wegen der Umstände, Quarantäne hier und dort, darauf verzichtet. Der Venedigbesuch hatte erfreuliche Gründe, er stellte dort auf der Architektur-Biennale für Singapur aus. Seine Erfahrungen machen verständlich, wieso in der Seuchenkolumne im Maskentragen nie ein Problem gesehen wurde, aber oft eine Lösung.

Hier soll keine Diskussion über die Arten des Mund-Nasenschutzes oder die verschiedenen Masken angeleiert werden, die Seuchenkolumne beschränkt sich auf die Verwendung der FFP2 Maske, die in manchen Ländern nicht für die allgemeine Bevölkerung empfohlen wird, weil angeblich die Gefahr der falschen Verwendung groß sei.

Grundsätzlich sind FFP-Masken vom Hersteller als Einmalprodukte und nicht zur Wiederverwendung vorgesehen. Im privaten Gebrauch können die Masken jedoch mehrfach verwendet werden, da sie in der Regel einer geringeren Belastung durch Erreger ausgesetzt sind. Nachdem eine FFP2-Maske (z.B. beim Einkaufen) benutzt wurde, kann man sie zum Trocknen aufhängen und in der Zwischenzeit eine andere Maske nutzen. Nach sieben Tagen hat sich die Menge infektiöser Coronaviren auf einer Maske auf ein akzeptables Maß verringert – sie kann also laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach sieben Tagen wiederverwendet werden. Die Filterleistung der Maske wird dadurch nicht schlechter. Gleichzeitig ist nach sieben Tagen eine Reduktion der vom Träger aufgebrachten Erreger (Nasen-, Rachen- und Hautflora) festzustellen. Alternativ kommt ein Desinfektionsverfahren mit 10 Minuten Kochen im Gefrier- und Kochbeutel oder ein Desinfektionsverfahren, 60 Minuten bei 80 °C trockener Hitze im Backrohr in Frage.

Das Anpassen des Bügels einer Maske an den Nasenrücken ist unabhängig vom Maskentyp von größter Bedeutung. Es wurde experimentell gezeigt, dass bei einer FFP2-Maske, welche mit doppelseitigem medizinischem Klebeband an die Nase fixiert und der Nasenbügel anmodelliert wurde, die geringste Durchlässigkeit für Aerosole am Maskenrand vorkommt. Dies weist darauf hin, dass die Öffnung an der Nase und somit der Dichtsitz an dieser Stelle einen starken Einfluss auf die Schutzwirkung der Maske hat. Jedoch schützt eine FFP2-Maske selbst ohne Anpassen des Nasenbügels immer noch bedeutend besser als eine chirurgische Gesichtsmaske mit angepasstem Bügel.

FFP2-Masken haben unterschiedliche Formen und Haltebänder. Eine sehr gute Passform ist leichter bei horizontal „bootförmig“ faltbaren Masken zu erreichen (Foto links unten), als bei solchen (große Mehrheit) die nur einmal gefaltet werden (Foto links oben). Bei vertikal gefalteten lässt sich der starre, mittig geknickte Nasenclip kaum an die Form der Nase anpassen, was für die Dichtigkeit wichtig wäre. Die Haltebänder geben leichter einen besseren Sitz, wenn ein Halteband unter dem Haaransatz zu liegen kommt und das obere Halteband an der prominentesten Stelle des Hinterkopfes (Foto rechts). Vorsicht ist bei zurzeit zirkulierenden Fake-Produkten geboten.

Kurz vor Weihnachten hielt Minister Wolfgang Mückstein, gemeinsam mit Hans Henri P. Kluge, Regionaldirektor Europa der WHO, eine Pressekonferenz ab. Mückstein nimmt ostentativ die Maske vor dem Sprechen ab, obwohl er eigentlich wissen müsste, dass bei zunehmender Aerosolbildung Masken wichtiger und nicht vernachlässigbar werden. Wohltuend, Hans Henri P. Kluge, Regionaldirektor Europa der WHO, hat die Maske während des Vortrages und der Diskussion nicht abgenommen.

Gegen die meisten sozialen Innovationen der letzten Generationen wetterte die etablierte Wirtschaft: Das wird uns zerstören. Meist galt dann doch: Guat is gangen, nix is gschehn. Etwa bei der 40-Stundenwoche, beim Mindestlohn. Wir sollen auch nicht länger in der falschen Auswahl zwischen Gesundheit und Freiheit gefangen bleiben – man könnte beides haben, wenn man sich ein wenig klüger verhielte und sich nicht allzu ungeschickt anstellen würde. Die Zustimmungs­raten für schärfere Regeln waren in der Bevölkerung meist höher als der Mut der Politik, sie durch­zusetzen. Das gilt vermutlich auch jetzt. Dieses ständige „zu spät“ scheint einfach Folge der Mutlosigkeit des konzeptlosen Köchelkonzepts zu sein.

Ich will jetzt nicht die Kritik an den Sozialpartnern wiederholen (Home Office!), sondern nur auf eine Folge dieser Sonderregeln für den Arbeitsplatz hinweisen. Für Vermögendere aus dem medizinischen Personal wird es nicht schwer werden, die Impfpflicht nicht einhalten zu müssen, das Bußgeld können sie entbehren und den negativen Test ergurgeln sie bequem zuhause. Und im Vordergrund derzeit: Verkürzung der Quarantäne! Wobei gelegentlich Quarantäne (gilt für die, die dem Virus exponiert wurden) mit Isolation (die haben das Virus) verwechselt wird. Was soll aber daran rational sein, frisch Infizierte zur Aufrechterhaltung zur Arbeit zuzulassen? Wissenschaftlich ist daran natürlich gar nichts, es ist reine Rücksichtslosigkeit und Brutalität. Eine Verkürzung der Quarantäne auf sieben Tage ist aber durchaus überlegenswert.

P.S.: Deutschland bereitet eine nationale Zulassung von Paxlovid vor, das rechtzeitig eingenommen in einem hohen Prozentsatz schwere Verläufe reduzieren kann. Damit könnte Deutschland Paxlovid bereits vor der noch ausstehenden Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) einsetzen. Paxlovid erhielt am 22. Dezember in den USA und am 31. Dezember in Großbritannien die Zulassung. Die Vorgangsweise Deutschlands erinnert ein wenig an den aufkeimenden Nationalismus, als Frankreich Anfang März 2020 als erstes EU Land ein striktes Ausfuhrverbot für medizinische Schutzausrüstung beschloss, Deutschland sofort nachzog und unmittelbar darauf bezahlte Ware aus Österreich beschlagnahmte, Tschechien machte das Gleiche mit Schutzausrüstung für Italien. Innerhalb weniger Tage war dieser Spuk aber vorbei, weil die Kommission in Brüssel Tacheles redete und eine Durchführungsverordnung erließ.« R. Z.


Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher

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