
KATHARINA SEIDLER —
23.11.2017
Das erste Mal Japan: stille Schreine zwischen Hochhaus-Schluchten, Leuchtschilder, Straßenmärkte, Geishas und J-Pop-Bands in Parks. Und Karaoke-Bars überall, Karaoke in Einkaufszentren, in Dorf-Pubs, Karaoke-Privatkabinen und ganze Stockwerke voll Bildschirmen und Songkatalogen. Im Tokioter Gay-Viertel Nichōme trauen wir uns ans Mikrofon. Die Eckbar Gold Finger, die an Samstagen nur den Frauen gehört, wochentags aber auch Männer willkommen heißt, ist eine Mischung aus sleazy Seventies-Motel und kuscheligem Kinofoyer. Leise poppt eine Maschine gratis Popcorn, und der Butterduft mischt sich mit den guten alten Ausgehgerüchen von Rauch und Bier. Die Songs präsentiert man entweder auf einem Mini-Laufsteg oder direkt an der Bar, Oasis erklingen ebenso wie Kylie Minogue und japanischer Chartspop, und am Ende der Nacht werden alle Texte nur noch im Chor aus Einheimischen, Expats und Touristen dargebracht. Hinaus stolpern alle Arm in Arm, Männer und Frauen, mit vielen Ohrwürmern im Kopf und neuen Facebook-Kontakten im Handy.
VORSCHAU
DONNERSTAG (23.11.): Im Porgy & Bess startet das Blue Bird Festival, während das Au vom Drone-Rock-Trio willOwisps und den Postrockern The Xmas Party verhext wird.
FREITAG: Das Loft wird acht; die Korken knallen etwa bei Denyo alias DJ Rap-a-lot von der Hip-Hop-Band Beginner.Der Club Titanic feiert derweil seinen 35er, die Pop- und Hip-Hop-Residents On Fleek und Gästen wie Dalia Ahmed gratulieren. Peter Kruder und Wolfram vereinen ihre Clubmusik-Superpowers im Horst, Zosima und Mushroom huldigen Techno, Acid House oder IDM im Werk und Sama Recordings präsentiert im Au den psychedelischen Noise-Techno von Aeromobile. Das Düsseldorfer New-Wave-Krautdisco-Trio Stabil Elite beehrt das Rhiz, während Toresch im Fluc zwischen elektroakustischem Pop, spaciger Psychedelik und Industrial-Synthwave oszillieren. Walter Wolff und Cher Monsieur spielen sich im Celeste von Exotica-Funk bis Jungle-Disco, das DJ-Team True Dogs Show No Shame übt sich im Sub ebenfalls in Exzentrik, und die Grime-Lovers P.Tah und Mad Hiaz greifen in der Camera zum Mic.
SAMSTAG: Die Zukunft von Bass, Techno und Hybrid Club Music hört man bei der Ashida Park Party mit Mapalma und Mobilegirl im Curtain, die britischen Drum-’n’-Bass-Stars Spectrasoul stellen in der Grellen Forelle ein neues Album vor, und das Celeste wird zur Electro-Horror-Disco mit Antoni Maiovvi.
Flyer der Woche ausgesucht von Lisa Kiss