Die niederschwelligste Sonntagsmesse 2017


KATHARINA SEIDLER

03.08.2017

Wer findet, das Popfest sei für die meisten Menschen nur zum Saufen und Plaudern da (oder wer zufällig gerade auf Krücken geht), der möge zum Abschlussabend in die Karlskirche gehen und staunen, wie avantgardistische Musik von den äußersten Rändern des Pop-Bereichs dort mit fast schon sakraler Ernsthaftigkeit rezipiert und gefeiert wird. Die US-amerikanische Theremin-Virtuosin Pamelia Stickney zieht cineastische Traumfänger-Kompositionen aus ihrem Instrument, der Wiener Drone-Musiker Dino Spiluttini schält behutsam Klaviermotive aus Ambient-Wänden, und auf den Bänken und dem Marmorboden der Kirche lauschen mit geschlossenen Augen Musikinteressierte jeden Alters, Touristen in voller Sightseeing-Montur, zufällig Hereingeschneite, Pop-Aficionados und die Rhiz-Stammklientel. Als die letzten Thereminklänge verhallen, könnte man eine Stecknadel im Raum fallen hören. „Danke für Ihre Ohren“, sagt die freudestrahlende Pamelia Stickney; der Applaus ist donnernd. Danke, Popfest.

VORSCHAU

DONNERSTAG (3.8.): Im Volksgarten Pavillon verlegen DJ Nicola und Darking Max Musik der 1940er- bis 1960er-Jahre, also etwa R&B, Rumba, Mambo und Rock ’n’ Roll. Freundinnen und Freunde experimentellerer Klänge lauschen im Bach den japanischen Psychedelik-Folk-Postrockern Kikagaku Moyo.

FREITAG: Der junge Holländer Interstellar Funk nimmt House und Techno als Ausgangspunkt für Ausflüge zu New Wave, Industrial und Kraut und vieles Spannende mehr. Heute zeigt er seine Kunst in der Grellen Forelle. Der Club Crazy hat Florian Meindl samt seinem feinfühligen Techno mit Acid-Schlagseite ins Flex geladen, Sacha Robotti vom kalifornischen Label Dirtybird nimmt mit seinem treibenden Techno-Funk in der Pratersauna keine Gefangenen, und der Peruaner Denizer verleiht der 4/4-Clubmusik zum sechsten Geburtstag von Malen nach Zahlen im Sass einen eleganten Anstrich. Stoff und The Wild Boy veranstalten im Fluc ein Eighties-Italo-Disco-Workout, und im Volksgarten Pavillon gibt es (Oldschool-)Hip-Hop und R’n’B von Sammogly, Dan B und Adam Brandis.

SAMSTAG: Zwei Toptipps: Unter dem tollen Titel „Tempel Exotica“ präsentiert das Fluc die tasmanische Musikspezialistin und Radiomacherin Rainbow Trout mit Platten-Geheimschätzen von Disco bis Funk, Exotica, Psychedelik und Surf Sounds, während der Italiener Alessandro Adriani den Club Hours im Werk mit Synth Wave, Industrial und Techno durchpeitscht. In der Grellen Forelle setzt es bei Ø (harten) „Techno Deluxe“, und in der Pratersauna läuft ein 16-Stunden-Rave mit Hosh.


Flyer der Woche ausgesucht von Lisa Kiss