Wenn die Studlhofstiege zur Konzertbühne wird


KATHARINA SEIDLER

16.06.2016

Wie durch ein Wunder beginnt es an diesem Donnerstag erst zu tröpfeln, als Dorian Concept seinen Maschinen gerade die letzten Töne entlockt. Der Wiener Synthesizer-Zauberer hat ein Ambient-Set gespielt, und die Kulisse dafür hätte kaum eindrucksvoller sein können: Einmal im Jahr wird die gesamte Strudlhofstiege zur Konzertbühne, wenn die Jazzwerkstatt Wien zur Musikrundschau lädt. Den ganzen Nachmittag lang konnte man dabei sein, wie faszinierte Kinder die Bassklarinette der auf den Stufen umherwandelnden Susanna Gartmayer bestaunen und Menschen auf Stiegengeländern sitzen oder auf Laternen klettern, um besser zu sehen, wenn die Akkordeonistin Jana Schulz sich für ihr Konzert in den Brunnen setzt. Dass die Lautstärke aus den Boxen für den riesigen Menschenandrang etwas unterdimensioniert war, bringt das interessierte Publikum, genau wie bei all der Musik aus dem Umfeld der Jazzwerkstatt, zum umso genaueren Hinhören: Es zahlt sich aus.

VORSCHAU

DONNERSTAG (16.6.): Im Neuen Hafengelände hinter dem Hauptbahnhof startet das Real Deal Festival mit etwa dem britischen Aufsteiger Vessel, der industrielle Soundschlieren und Geräusche zu mitreißenden Dunkeltechno-Experimenten verschmilzt. Im MQ-Hof loten BartolomeyBittmann das progressive Potential von Cello und Geige aus, Car Seat Headrest verwandelt das Fluc in eine Lo-Fi-Slackerhöhle, und der Club Mit im Celeste widmet sich Songs aus Film-Soundtracks.

FREITAG: In der Grellen Forelle kann man kaputte DJ-Koffer reparieren lassen, bevor der Berghain-Techno-Gigant Marcel Dettmann den Dancefloor heimsucht. Die holländische DJ-Künstlerin Marcelle stellt im Rhiz Verbindungslinien zwischen allem von Walgesang bis Free Jazz und Techno her, Jack J klatscht im Sass zu souligem House in die Hände, und im Opera Club ist wieder „Scheitern“ mit Cem & Adgår angesagt. Das Real Deal bespielt etwa die Berliner Soundtüftler-Koryphäe Rashad Becker, das Duo Napalm Tree macht geräuschvolle Klangkunst im Fluc, und über dem Club-U flattert bei Rainbow Crisp die Regenbogenfahne. Außerdem ist lange Nacht der Menschenrechte mit Partys etwa im Cafe Leopold (Prasselbande) und im Loft mit Hip-Hop von Dexter, P.Tah und Con.

SAMSTAG: Peter Kruder atmet Luft & Liebe in der Pratersauna, der US-Electro-Darkwaver Dirty Coyote heult im Fluc, im Schikaneder ist Indie-Party mit dem schönen Motto „Stop making sense“, und beim Real Deal rappt der New Yorker Zebra Katz Hymnen wie „Tear The House Up“.


Flyer der Woche ausgesucht von Lisa Kiss