Clubkäfer, flieg: Pudelland ist abgebrannt


KATHARINA SEIDLER

18.02.2016

Auch Menschen, die sich nicht fürs Nachtleben interessieren, haben vom Hamburger Golden Pudel Club vermutlich schon gehört. Seit das ehemalige Schmugglergefängnis am Hafen 1995 von den Szene-Helden Rocko Schamoni und Schorsch Kamerun übernommen wurde, war es der wichtigste subkulturelle Dreh- und Angelpunkt der Stadt. Als wir das erste Mal in Hamburg waren, sind wir an dem mehrstöckigen Holzhäuschen schnurstracks vorbeimarschiert und haben unseren Irrtum erst nach einigen Stunden im benachbarten Club Hafenklang bemerkt. Als wir schließlich im heimeligen Hauptraum des Pudels unser Bier vom früheren Sterne-Keyboarder Richard von der Schulenburg serviert bekamen, haben wir die Magie des Ortes sofort verstanden. Doch nun scheint es damit vorbei zu sein. Für April war nach einem Streit der Betreiber eine Teilversteigerung des Gebäudes angesetzt; am Wochenende ging der Club in Flammen auf. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Die alte Floskel scheint diesmal angebracht: Es könnte das Ende einer Ära sein.

VORSCHAU

DONNERSTAG (18.2.): Jimmy Pé schöpft im Fluc zwischen Bass-Music, Electronica und atmosphärischen Breakbeats aus dem Vollen; Giuseppe Leonardi und Mr. M vereinen im Celeste Funk, Disco, Brasilianisches und Exotisches

FREITAG: Im Gasthaus Häuserl am Spitz gibt Al Bird Sputnik eine Sound-Lecture zum Thema „Schnitzelbeat“, die schwedische Synthpopperin Molly Nilsson spielt im Brut, die Transformer-Nacht mit Rosa Nebel im Fluc steht unter dem schönen Motto „From Primitive Electronics to Tapedeck Punk“, und Bell Towers aus Melbourne poliert im Celeste funkelnde Disco- und House-Platten. Campari Safari und Lighta raven im Club-U durch Breakbeats, Garage, Grime und Hip-Hop, der Berliner André Pahl schickt den Opera Club auf eine Reise durch experimentelle Disco, Psychedelik, Wave- und Synth-Musik, der italienische Techhouse-Gigant Dusty Kid kommt in die Grelle Forelle, und die Crew F*cken Plus setzt im Werk auf kompromisslosen Techno.

SAMSTAG: Der Discus-Throwers-Musikboutique-Betreiber Heap spielt Plattenschätze im Curtain, im Cafe Leopold ist Grime-Party, Maja Osojnik stellt ihr
komplexes, elektronisches Songwritertum im Brut vor, und DJ Fettburger vom superben Label Sex Tags Mania serviert im Heuer exzentrischen Disco.

SONNTAG: Minimalistischer R&B- und Bass-Music-Pop von Jessy Lanza sowie verträumter Dance-Pop der Junior Boys im B72, hymnischer Pop von Youth Lagoon im Chelsea.

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