Türkise Schlägertruppe im Ausschuss. A Day at the Rechtsstaat.

Blümel, Hanger, Sobotka. Erst wollte ich sie die drei Grazien der Öffentlichkeitsverhöhnung nennen. Unentschlossen stand ich vor ihnen und kiefelte, wem die Palme für die größte Perfidie gebührt. Als ich so grübelte, fiel mir der Schlachtruf des Sektionschefs Pilnacek ein, eines privaten Freundes des Nationalratspräsidenten Sobotka, wie wir gestern erfuhren.

„Derschlogt’s es“, hatte Pilnacek den verdutzten Mitgliedern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zugerufen, als diese das Eurofighter-Verfahren nicht einstellen wollten, den bestverschleierten öffentlichen Megakorruptionsfall der 2. Republik.

Blümel jedoch, der Pilnacek dazu brachte, zu fragen, „wer vorbereitet Blümel?“, was nicht trappattonisch, sondern bestes Hofratsdeutsch war, Blümel also war vorbereitet wie nur irgendeiner. Statt zu derschlogen, was er, man sah es seiner coolen Physignomie recht deutlich an, am liebsten getan hatte, entschlug er sich. Es war ein munteres Entschlagen, formelhaft und zugleich brutal entschlug er um sich, gut 35mal, ein Entschläger von kaum gesehener Effizienz und Treffsicherheit. Der Rechtsstaat, ein Sandsack. Und noch einmal, auch wenn die Gegnerinnen schon am Boden lagen, entschlug er sich auf sie ein.

Wer vorbereitet Gernot? fragte da keiner mehr, angesichts dieser malmenden Fitness war es egal, wer den Entschläger trainiert hatte, Werner Schneyder müsste das kommentieren, aber der ist tot. Blümel sagte nicht einmal, er entschlage sich, er nannte nur den Paragraphen. Es war, als schlüge ein Boxer nicht aufs Kinn oder auf die Leber, sondern riefe nur cool: Kinn! Leber! und getroffen sänke der Gegner hin. Ein Gigant vom niederösterreichischen Schlag. Schlägt, ohne zu schlagen. Entschlägt sich. Hat keine Mail-Adresse oder vielleicht doch, wer weiß das schon so genau, Macht macht schwindlig, ein Minister weiß eben nicht alles, genau genommen weiß er nichts, und was er nicht weiß, kann er nicht sagen, auch Wittgenstein war Niederösterreicher, lehrte in Kirschschlag, nein Kirchberg, Blümel ist ja Philosoph, er kennt das, aber das sagt er nicht, nicht einmal das sagt er, er sagt nur den Paragraphen, „Ich beziehe mich auf Paragraf 43, Absatz 1, Ziffer 1.“ Draußen umkreisen die zugeschlagenen Laptops, die er nicht hat, in Kinderwägen das Parlament, während drinnen die vorbereiteten Entschlagungen auf die fragenden Abgeordneten niederpasseln, und irgendwo lächelt Pilnacek still und verschlagen vor sich hin.

Mit unverschämtem Feixen nimmt jetzt Sobotka Platz als Auskunftsperson, er sei ja nur da, um die Republik zu verhöhnen, sagt sein Feixen, schon seine Miene ein Schlag für den Rechtsstaat, aber auch seine Tat, sich ostentativ nicht als Vorsitzender vertreten zu lassen, als Gernot aussagte, war ein Schlag für seine Kritiker.

§ 37 Verfahrensordnung legt Folgendes fest:

Befragung von Auskunftspersonen

(1) Die Auskunftspersonen sind einzeln in Abwesenheit der später zu

hörenden Auskunftspersonen zu befragen.

Das ist dem Herrn Präsidenten aber nicht nur wurscht, das schärft seinen Appetit, da setzt er sich doch extra auf den Vorsitzsessel, um die Gesichter diese unerträgliche Krisperkrainer zu studieren, denen haut er eine rein, denn er ist der Präsident, und Präse schlägt Recht und Rechtsschläger schlägt Verfahrensordnung jederzeit.

Mit denen redet er nicht, da schlägt er aus geschlossener die Deckung zu. Er öffnet sich nur Gleichgesinnten, Kulturmenschen. Leuten seines Niveaus. Wolfgang Fellner eben, bei dem er sich unvergesslicherweise erinnerte.

Sobotka: Erstens habe ich nie Spenden genommen.

Fellner: Ja.

Sobotka: Ich hätt sie genommen, wenn sie rechtmäßig …

Fellner: Aber Inserate oder wie immer man das bezeichnet …

Sobotka: Sie kennen das Gschäft, fürs Inserat gibts a Gegengschäft, oder?

Fellner: Ja natürlich.

Sobotka: Natürlich. Und das wird man wohl machen dürfen, wenn man einen sink tank hat. Das zweite, sie waren konzentriert…

Fellner: Und das Gegengeschäft fürs Orchester, fürs Dirigieren …

Sobotka: Für die Sache … das… die Novomatic hat für das Land Niederösterreich, weil sie den Sitz haben, insgesamt eine sechsstellige Summe ausgesetzt und das Land Niederösterreich berät die Novomatic und sagt mochts es amol mit dem und amol mit dem …

Solche Offenheit gönnt er dem Ausschuss nicht, der Präsident. Mit dem Derschläger ist er persönlich befreundet, achtmal telefonierte er mit ihm, ehe dessen Handy eingezogen wurde, aber er kann sich an nichts erinnern, denn es war auf der Autobahn, wo Gespräche ja dauernd abreißen und man sich nichts merken kann, wer kennt das nicht? Er ist entschlossen, die Befragung zum Schlag ins Wasser machen, dieser fürchterliche Präsident. Hat er mit Pilnacek über die Hausdurchsuchung bei Blümel geredet? Mit dem Derschläger über den Entschläger? Sobotkas Antwort sagt alles: „Meines Wissens nach nicht.“ Aber was ist schon sein Wissen? „Es ist um eine reine private Unterhaltung gegangen. Sie ist nie zustande gekommen.“ Das hat das Niveau Ernst Strassers, einem anderen Niederösterreicher vom harten Schlag, der sagte: „Ich lade Sie ein, umzukehren.“

Jan Marsalek (links), Wolfgang Sobotka (rechts) in der österreichischen Botschaft am 30. Mai 2017 Foto: @RedaktionZack

Wie war das mit dem nun leider flüchtigen Wirecard-Manager Jan Marsalek, den er nicht kennt, oder nicht kannte, bis ihn das Online-Magazin ZackZack mit diesem Foto daran erinnerte, was schon ein Rückschlag war, aber kein Wirkungstreffer? Einem Präsidenten, der so offensichtlich gelogen hat, was soll man dem noch glauben? Okay, mit dem Marsalek hat er sich einmal in Moskau unterhalten. Aber es war, soweit sich Sobotka erinnert, und das ist, wie wir wissen, nicht seine Stärke, nur Smalltalk, es muss Smalltalk gewesen sein, denn er erinnert sich an nichts. Marsalek muss damals schon sehr flüchtig gewesen sein.

Und was war mit dem dritten der Schläger, dem Amstettner Andreas Hanger? Über Hanger gibt es nichts zu sagen, außer, was man über ihn immer sagen kann: Hanger schlug um sich.

Aus der Ecke des Rechtsstaats flog das Handtuch.

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Distance, hands, masks, be considerate!

Ihr Armin Thurnher