Ein Sumpf vor Gericht
Seine Tiere waren schwer verletzt, die Rinder mussten in einem Brei von Kot und Urin schlafen. In St. Pölten steht ein Bauer wegen Tierquälerei vor Gericht. Der Richter urteilt überraschend
Vor dem Verhandlungssaal 101 des Landesgerichts St. Pölten sitzt Franz G. Der bullige Bauer seufzt, streicht über seinen Bart, die groben Hände im Schoß gefaltet. Journalisten und Tierschützer kommen gerade die mächtige steinerne Treppe herauf. Er bespricht noch schnell seine Strategie für diesen Prozess: ein schnelles Geständnis, was bleibt ihm anderes übrig.
Neben dem Bauern steht seine Frau, eine stämmige Heurigenwirtin. Die beiden wirken nervös, erschöpft, beschämt. Immer mehr Aktivisten und Journalisten tauchen auf und bauen ihre Stative vor den Bauersleuten auf, draußen demonstriert ein Team des Vereins gegen Tierfabriken (VgT), einer investigativ arbeitenden Tierschutzorganisation, schweigend mit Transparenten: „Tierfabriken schließen!“.
Die Frau sagt zu den Medienleuten, sie will „bitte nicht ins Gsicht gfilmt werden“. Wegen der Kinder. Und der Bauer selbst bereut, dass er dem ORF Niederösterreich ein Interview gegeben hat. Vor einem halben Jahr war das, da wurde dank des VgT öffentlich, wie es am Hof von Bauer G. zugeht: abgemagerte Lämmer, sterbende Kätzchen, Rinder, die bis zu den Knien in einem Brei aus Gülle schlafen mussten. Seit Jahren geht das so. Dazwischen Schafe, die auf Kadavern herumkletterten. „Es befinden sich permanent mindestens 5–10 frisch verstorbene und etwa 10 skelettierte Tiere in den Stallungen“, schrieb der VgT in seiner Anzeige.