Natur im Krieg
Wenn es Bomben hagelt, stirbt das ökologische Gewissen. Dabei sind Umweltschutz und Frieden eng miteinander verbunden
Was für ein vielfältiges Land! Im Westen ragen die Karpaten auf, ein Gebirge geprägt von Weideland. Im Süden erstrecken sich die Feuchtgebiete der Schwarzmeerküste und die Schilflandschaft des Donaudeltas. Vom Zentrum des Landes dehnt sich die Steppe bis in den Osten, und im Norden liegen die Laubwälder samt riesiger Torfmoore. Die Ukraine wirkt wie ein buntes Puzzle wertvoller Lebensräume, sie beherbergt mehr als ein Drittel der biologischen Vielfalt Europas. Durch die Weiten des Landes schleichen Luchse, stapfen Wisente, hier heulen Wölfe und pfeifen die vom Aussterben bedrohten Seggenrohrsänger. 70.000 Pflanzen- und Tierarten leben hier.
Wladimir Putins Überfall auf die Ukraine zerstörte nicht nur Menschenleben, seine Soldaten zogen auch gegen die Natur ins Feld. Laut einer WWF-Analyse bedroht der Krieg mindestens 14 Feuchtgebiete, die nach der internationalen Ramsar-Konvention geschützt sind. Ein Fünftel der Naturschutzgebiete des europäischen Smaragd-Netzwerks, die in der EU „Natura 2000“-Gebiete heißen, wurde bereits militärisch beschädigt. Am Wochenende veröffentlichte das ukrainische Umweltministerium eine Bilanz der Umweltschäden seit dem Beginn des Krieges: 15 Prozent der Ackerfläche seien demnach vermint, 1597 Tonnen Schadstoffe in die Gewässer gelangt, 687.000 Tonnen Erdölprodukte aufgrund des Beschusses verbrannt, mehr als 59.000 Hektar Wald und Plantagen im Kugelfeuer vernichtet – eine Fläche größer als Wien.