Die Utopie von Gutenstein
In einer niederösterreichischen Marktgemeinde bauen 20 Menschen ein Dorf auf. Sie erproben tagtäglich, wie ein Zusammenleben zukünftig ökologisch und wirtschaftlich funktionieren könnte
Theresa Mais Utopie ist das Dorf. Eines ohne Reihenhäuser und Fachmarktzentren am Ortsrand. Sie glaubt an die alte Struktur mit intakter Gemeinschaft und Natur. Ein Dorf, das sich mit allem Lebensnotwendigen selbst versorgen kann: Strom, Wasser, Wärme, Lebensmitteln. Mai ist Unternehmerin und hat mit „Wohnwagon“ eine Firma gegründet, die autarke Holzhäuser herstellt. Aus der Geschäftsidee machte sie 2018 eine Lebensphilosophie. Sie übersiedelte mit allen Mitarbeitern von Wien ins niederösterreichische Gutenstein nahe Wiener Neustadt, um ihre Utopie zu leben.
Theresa Mai, 32 Jahre alt, spaziert zu einem kleinen Acker am Ortsrand von Gutenstein. Man hört das Rauschen der nahegelegenen Piesting, hinter dem Feld erheben sich die bewaldeten Ausläufer der Nordalpen. Vertraut winkt Mai Veronika und Erich Roßmanith zu, die gerade auf dem Dorfacker arbeiten. „Der Kompost ist heute angeliefert worden“, sagt Gemüsegärtnerin Roßmanith und zeigt auf zwei große Haufen. „Das ist der einzige Dünger, den wir verwenden.“ Ihr Mann zieht gerade Unkraut aus der Erde. Gemeinsam bewirtschaften sie einen Hektar Land. Hier gedeihen Grünkohl, Mangold, Karotten und Melanzani. „Der Karfiol ist heuer besonders groß geworden“, strahlt Erich Roßmanith. Er und seine Frau sind zwei der 20 Dorfbewohner. Sie führen ihren Betrieb ohne Mitarbeiter und ohne benzinbetriebene Maschinen. Manchmal helfen Sohn Mateo und Tochter Ida mit. Heute nicht. Die beiden wühlen mit Spielzeugbaggern im Komposthaufen. Die Familie wohnt in einem Modulhaus aus Holz. „Das mit den blauen Fenstern“, sagt Roßmanith und zeigt auf sein Häuschen direkt hinter den Gemüsebeeten.