Der Schächtskandal
Säbelnde Schnitte, minutenlange Todeskämpfe: Ein niederösterreichischer Betrieb soll laut Videos hunderte Schafe ohne jegliche Betäubung geschächtet haben. Er verstößt wohl nicht als einziger gegen das Gesetz
Das Schaf gibt keinen Ton von sich, als ein Mann ihm das Messer an den Hals setzt und mit mehreren säbelnden Schnitten den Hals aufschneidet. Blut sprudelt heraus. Schweine würden nun laut schreien, Rinder brüllen. Doch das Schaf bleibt wie die meisten seiner Artgenossen selbst im höchsten Schmerz stumm. Es strampelt aber mit allen vieren, als wollte es weglaufen. Offenkundig ist es nicht betäubt. Erneut geht der Mann zu ihm und schneidet ein weiteres Mal am Hals herum. Minuten vergehen, bis es sich nicht mehr bewegt.
Die jüdischen und islamischen Glaubensgemeinschaften kennen Gebote zum Schlachten ohne Betäubung, um Fleisch koscher bzw. halal herzustellen. In Österreich ist dieses Schächten erlaubt, allerdings unter strengen Vorschriften. Die wichtigste: Das Tier muss unmittelbar nach dem Kehlschnitt betäubt werden, damit ihm wenigstens der Todeskampf bei vollem Bewusstsein erspart bleibt. Videos aus einem Betrieb im Bezirk Korneuburg – sie wurden dem Verein gegen Tierfabriken (VGT) und der NGO RespekTiere zugespielt und liegen dem Falter auszugsweise vor – legen nun nahe, dass dort hunderte Schafe ohne jegliche Betäubung geschächtet wurden. Noch Minuten nach dem Schnitt heben die Tiere die Köpfe und machen kräftige Laufbewegungen. Rudolf Winkelmayer, ehemals praktischer Tierarzt, Amtstierarzt und Autor zahlreicher Publikationen zu Tierschutz und Tierethik, spricht von „schwerer Tierquälerei“. Und mit Korneuburg gibt es nicht den einzigen Problemfall.