Platz vier!

Peter Iwaniewicz arbeitet an seinem sonnigen Gemüt und der guten Nachricht

Kolumnen, FALTER 15/2019 vom 09.04.2019

Ich arbeite noch immer daran, unangenehme Nachrichten positiv und humorvoll zu präsentieren. Dafür gibt es gute Argumente, denn die unglückliche Kassandra aus der griechischen Mythologie, deren wahre, aber negative Vorhersagen niemand glaubte, wurde erdolcht. Die kapitolinischen Gänse hingegen, die Rom durch ihre lauten Rufe vor dem Angriff der Gallier gerettet hatten, verehrte man. Und mein Ziel für heuer wäre es daher, von den Lesern verehrt und nicht erstochen zu werden.

Lustige Botschaften merkt man sich sowohl lieber als auch leichter. Da wäre zum Beispiel die aktuelle Meldung, dass sich der orientalische Augenwurm bei uns ausbreitet. Das erinnert ein bisschen an Luwu, den Lungenwurm. So kommentierte man als starker Raucher früher seinen morgendlichen Schleimauswurf und besänftigte dann den Luwu mit einer frischen Zigarette. Ungefähr genauso lustig verhält es sich mit dem Augenwurm, der sich im Bindehautsack von Tieren und Menschen einnistet und dort unangenehme Erkrankungen auslöst.

Wie dieser Parasit nach Österreich kam, ist unbekannt. Möglich sind Wanderbewegungen infizierter Wildtiere und illegaler Handel mit Haustieren. Okay, da muss ich noch an der Pointe arbeiten.

Apropos illegaler Handel: Sehr positiv finde ich auch, dass nach einem Bericht der Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis der Handel mit geschützten Tier- und Pflanzenarten im Bereich des organisierten Verbrechens bei uns auf Platz vier liegt. Direkt hinter illegalen Drogen, Produktfälschung und Menschenhandel. Das ist doch etwas, Platz vier in einem schwierigen und in jeder Hinsicht umkämpften Marktumfeld: Der globale Umsatz des illegalen Handels mit anderen Lebewesen wird weltweit auf 19 Milliarden Dollar geschätzt und umfasst Jagdtrophäen, lebende Pflanzen, Heimtiere, Modeartikel, Lebensmittel und Ethno- bzw. Pseudomedizin. Jeder kann dazu beitragen! Eine Kette aus Korallen als Souvenir aus dem Urlaub, eine Onlinebestellung von Pangolin-Schuppen gegen Haarausfall, Meeresschildkrötensuppe in einem Restaurant essen oder einen exotischen Kaktus ohne Ursprungskennzeichnung kaufen. Und das Risiko ist total gering, von ca. 18. Mio. Passagieren pro Jahr und 200.000 Tonnen Fracht am Flughafen Wien werden nur zwischen 50 und 100 Personen erwischt. Positive Berichterstattung. Oder soll ich doch die Dosierung meiner Medikamente ändern?

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