Marder Mörder

Peter Iwaniewicz ist der Jerry Cotton für Menschen mit Tierproblemen

Kolumnen, FALTER 12/2019 vom 19.03.2019

An der Tür meines Büros steht unter meinem Namen: „Dramakonsulter bei Tierkontakten aller Art“. Manche nennen mich aber auch einen Schnüffler. Es war einer dieser ersten warmen Tage im März, die einem nicht nur den Winterpelz, sondern auch das Eis im Whisky erwärmen. Ich durchsuchte den Chronikteil der Zeitungen, um neue Klienten zu finden. Ein Bauer in Zöllerndorf hatte Spinnweben mit einer Lötlampe entfernt und dabei seinen Hühnerstall in Brand gesetzt. Ich überlegte, ob es sich noch auszahlen würde, ihm eine Beratung anzubieten.

Und dann klingelte das Telefon. Statt eines Namens hörte ich nur Geräusche, die ein bisschen nach kreischenden Katzen klangen, nur lauter und schriller. Ich sagte: „Hallo?“, und eine wohlbekannte Stimme am anderen Ende rief wütend: „Was sind das für Tiere!“ Mein Kunde, der Medienmogul, und der ganze Zoo seiner Villa waren offenbar auch aus dem Winterschlaf erwacht.

„Ich kann nicht schlafen, das geht so die ganze Nacht über meinem Bett am Dachboden“, lamentierte er weiter. „Wollen Sie die Nummer der Telefonseelsorge oder meinen Rat?“, unterbrach ich ihn, „das sind rivalisierende Steinmarder.“ „Marder sind doch Mörder!“, schrie er und ich reimte zurück: „… und Wiesel töten Ziesel.“ Nachdem wir uns auf 50 Euro pro Stunde plus Spesen geeinigt hatten, fuhr ich zu ihm aufs Land hinaus. Um bei der Täterbestimmung sicher zu sein, legte ich Katzenfutter am Dachboden aus und streute ringsum eine breite Spur aus Mehl. Die Pfotenabdrücke ähneln denen von Katzen, zeigen aber bei Mardern die Spuren ihrer nicht einziehbaren Krallen. In einer Ecke fand ich eine sogenannte Latrine mit den typischen Marder-Kotwürsten, deren Ende gedreht ist und spitz zuläuft. Im Unterschied zu Exkrementen von Katzen erkennt man darin auch Obstkerne.

Das Besondere an den Mardern ist, dass sie Beute jagen, die größer und schwerer ist als sie selbst, erklärte ich dem Medienmogul. „Keine Details, wie kann ich die Tiere töten“, wollte er wissen. Ich klopfte mit meinem nackten Zeigefinger auf seine behaarte Brust: „Sie dürfen den Marder nicht töten, die Tiere sind Haarwild und unterliegen somit dem Jagdrecht.“ Erbleichend rief er: „Was kann ich tun?“ „Nehmen Sie ein Radio und drehen Sie FM4, ‚House of Pain‘ auf. Das können die nicht leiden.“

Ich zählte mein Geld nach und überlegte, ob ich noch in Zöllerndorf vorbeifahren sollte.

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