Schön langsam wird’s insta
Ein neues Lokal, das seine Gäste mit Speis, Trank und Hashtags versorgt
Foto: Heribert Corn
Entscheidungen, wohin wir essen gehen, werden aus einem Konglomerat von vegetativen, sozialen und kulturellen Aspekten beeinflusst, deren Ziel darin besteht, einerseits Hunger und Durst zu stillen, andererseits Gefallen durch Wohlgeschmack zu erzielen und natürlich auch sich an Orten zu befinden, die der sozialen Bestätigung dienen. Natürlich bekamen die einzelnen Aspekte im Lauf der Zeit ein anderes Gewicht, Wohlgeschmack überwog bald einmal den Hunger, der soziale Faktor überlagerte irgendwann einmal den Wohlgeschmack …
Und dann war da auf einmal Instagram. Und plötzlich bekamen Essen und Trinken eine völlig neue Rolle, eine mehr oder weniger abstrakte, dienten nur mehr sehr nebenbei der Befriedigung von Hunger und Durst, individueller und schwer in Worte zu fassender Wohlgeschmack wurde durch Kategorien wie #yummy und #superlecker ersetzt, der soziale Faktor durch euphorischen Kollektivismus. Das führte zu einer dramatischen Vereinheitlichung der zuvor babylonischen Gastronomievielfalt, Instagram-Jünger aßen/fotografierten zuerst #Smoothies, dann #Avotoast und seit einiger Zeit #Bowls. Und klar, das mag jetzt alles wie das kulturpessimistische Gejeiere eines alten Sacks klingen, aber dass sich die Beliebtheit eines Gerichts mittlerweile daraus errechnet, wie gut es sich auf einem Smartphone-Bildschirm darstellen lässt, wie viele Hashtags man dranhängen kann und wie viele Erwähnungen es auf Instagram hat, ist halt einfach ein bisschen deprimierend. #bowl hat übrigens 2,65 Millionen.