Stichhaltige Fakten
Die Mordrate steigt seit drei Jahren stark an. Frauen werden immer öfter Opfer ihrer eigenen Partner. Ausländer und Asylwerber sind in der Kriminalstatistik überrepräsentiert. Was läuft falsch?
Illustration: Oliver Hofmann
Vergangenen Donnerstag bat die Richterin das Publikum, den Gerichtssaal zu verlassen. Ibolya C. wollte den Geschworenen ihren Körper zeigen, wollte erzählen, was ihr widerfahren war, nicht irgendwo in einer fernen, archaischen Welt, sondern hier in Wien, in der Liniengasse im 6. Bezirk.
Sie schafft es allerdings nicht mehr in den Saal 303 des Gerichts. Sie ist auf den Rollstuhl angewiesen und auf ihre Schwester, die sie rund um die Uhr pflegen muss, ihren künstlichen Darmausgang versorgt und sie dreimal die Woche zur Blutwäsche führt, weil ihr Ex-Freund Blerim A. ihre Nieren zerschnitten hatte. Deshalb zeigte sie im Video-Chat ihre Narben, ihre gelähmten Hände, ihren zugerichteten Körper. Ibolya erzählte den Geschworenen, dass sie ihre Gedärme auf dem Gehsteig liegen sah. Und die Ärzte berichten in ihren Gutachten, dass sie dieses Verbrechen „nur durch ein medizinisches Wunder“ überlebte.