Die Schutzheilige der Musik

Das Festival Resonanzen bringt Cäcilien-Oden, Kantaten und Soloinstrumente

Heinz Rögl
FALTER:Woche, FALTER:Woche 3/2019 vom 15.01.2019

V.l.o. im Uhrzeigersinn: Peter Reichelt; Mara Galassi, Monica Piccinini und Patxi Montero; Vincent Dumestre; Paul O’Dette (Fotos: Konzerthaus/Resonanzen, Julia Wesely)

Peter Reichelt leitet seit 2009 die Resonanzen, das 1993 gegründete Festival für Alte Musik im Konzerthaus. Diesmal hat er unter dem Motto „Musik ist Trumpf“ den musikalischen Verführer Orpheus und die heilige Cäcilia mit dem Ehrenschutz betraut. Als Drittem im Bunde kommt für den Intendanten auch dem alttestamentarischen David eine wichtige Rolle zu, der mit seinem Harfenspiel den König Saul besänftigt haben soll – so berichtet es das Buch Samuel in der Bibel.

Die großen Eckpunkte des Festivals bilden die prachtvollen Cäcilien-Oden Händels und Purcells, dargeboten im Eröffnungskonzert von The Sixteen unter der Leitung von Harry Bicket am 19.1. und zum Abschluss am 27.1. mit „Le Poème Harmonique“ von Vincent Dumestre. „Dumestres finaler Verneigung vor dem ‚Orpheus Britannicus‘, dessen Geburtstag sich 2019 zum 360. Mal jährt“, schreibt Reichelt im seinem Vorwort zum Katalog, „geht bereits am dritten Abend ein spektakuläres ‚Tribute to Mr. Purcell‘ voraus, wenn ihn Paul McCreesh’s Gabrieli Consort & Players mit einer Aufführung seines ‚King Arthur‘ hochleben lassen.“

Die „Überschneidung“ mit der szenischen Aufführung des „King Arthur“ im Theater an der Wien habe sich nicht vermeiden lassen, klagt der Intendant und fügt schelmisch hinzu: „Warum soll man zum Schmiedl gehen, wenn man den Schmied hat. Musikalisch haben wir ja die Nase vorn, wir haben die Experten bei uns.“ Gespielt wird bei der lange ersehnten Rückkehr von Gabrieli Consort & Players zu den Resonanzen eine neue Konzertfassung dieses Meisterwerks barocken Musiktheaters ohne Dialoge und szenische Elemente.

Gefragt, was sich an der Szene in seiner Wahrnehmung geändert hat, konstatiert Reichelt, dass sich die Pflege Alter Musik sehr konsolidiert hat und ein großes und treues Publikum aufweist. „Es haben sich auch neue Trends entwickelt, die man mitmachen kann oder auch nicht. Einer davon ist, dass sich viele Ensembles der sogenannten Alten Musik sukzessive immer mehr auch dem jüngeren Repertoire zuwandten – auch die Festivals, etwa in Melk oder langsam auch in Innsbruck.“

Die Geigerin Patricia Kopatchinskaja kombinierte bei Wien Modern unlängst neue Stücke der Gegenwart mit Vivaldi. „Ja warum nicht?“, meint Reichelt und stellt klar: „Wir verlängern und erweitern das Festivalrepertoire eher nach hinten – bis ins Mittelalter zurück. Und wir bieten Musik von Renaissance- und Barockkomponisten, die viele kaum noch gehört haben.“

Dafür lassen sich beim heurigen Festival schöne Beispiele finden. Zum Stichwort „Musik des Mittelalters“ kann Reichelt eine Trumpfkarte ausspielen, im wahrsten Sinn des Wortes: Denn beim Programm „Trionfi“ geht es um das Tarock, das ursprünglich zunächst auf den Namen Trionfi hörte (im Singular zu Deutsch: „Triumph“ wie auch „Trumpf“). Die ersten Kartendecks des Tarockspiels gelten noch heute dank ihres enigmatischen Charakters und ihrer prächtigen Gestaltung als Kultobjekte. Auf einer Zeitreise durch das italienisch-französische Spätmittelalter stellt Michele Pasotti am 26.1. mit seinem Ensemble den symbolträchtigen Sujets Madrigale, Ballaten und Kanons dieser Zeit an die Seite, unter anderen von Jaquet de Noyon, Antonio Zacara da Teramo, Francesco Landini, Matteo da Perugia, Jacopo da Bologna und Guillaume de Machaut.

Neben anderen virtuosen Soloinstrumenten des Barock und deren Komponisten, etwa der Laute im Konzert von Paul O’Dette, der Musik des gebürtigen Italieners Albert de Rippe spielt, der zum „Leiblautenisten“ eines französischen Renaissancefürsten avancierte, oder der französischen Traversflöte, die Linde Brunmayr-Tutz anhand von Werken Jean-Marie Leclairs vorstellt, betrachtet Peter Reichelt heuer vor allem das Programm „Davids Harfe“ am 20.1. als einen der Höhepunkte des Festivals.

„Ich kann mich nicht erinnern, dass die Barockharfe jemals schon so herausgestellt worden ist – das ist ein fantastisches Instrument“, sagt er. „Mara Galassi ist die Lehrerin eigentlich aller bedeutenden heutigen Harfenistinnen, etwa auch von Margret Köll.“ Ihr Programm mit der Sopranistin Monica Piccinini und Patxi Montero (Viola bastarda bzw. Viola da Gamba) stellt Solokantaten des in Rom tätigen Komponisten Orazio Michi dell’Arpa ins Zentrum. „Dieser Orazio Michi war für die Entwicklung der Solokantate ein derartig wichtiger Komponist! Er wird in seiner Bedeutung immer mehr erkannt, aber halt nicht aufgeführt.“


Konzerthaus 19. bis 27.1.

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