Zeitenende
Peter Iwaniewicz lässt das Jahr rückblickslos verenden
Das Ende ist nah! Was kann man in diesen letzten Tagen, bevor das Jahr gänzlich verendet, noch Sinnvolles tun? Der Wissenschaftsjournalist Hoimar von Ditfurth riet in seinem gleichnamigen Buch, ein Apfelbäumchen zu pflanzen. Der erste Satz darin lautet: „Endzeit (…) es steht nicht gut um uns“. Das war 1985, eine aus heutiger Sicht vergleichsweise krisenarme Zeit ohne Insektensterben, Klimaproblem, Turbokapitalismus und all den anderen Dingen, die uns 33 Jahre später plagen.
Ach was, zum Baumpflanzen ist jetzt sowieso keine gute Jahreszeit und apokalyptische Kolumnen werden zu Weihnachten nicht gerne gelesen. Da schreibt man besser eine Geschichte über ein Paar, das nach Bethlehem wandern muss und … Okay, Migration ist auch problembehaftet.
Vielleicht sollte ich zur unendlichen Entspannung auf der Seite des Naturschutzbundes die neue Liste mit der Natur des Jahres 2019 und den tollen Tierfotos ansehen? Erste Kategorie: Alien des Jahres. Das ist ein seltsamer Begriff für jene Lebewesen, die keine geografisch-historische Verbundenheit mit Österreich nachweisen können. Ursprünglich sprach man noch ganz freundlich von Adventivarten, so wie man neue Gäste freundlich begrüßt. Die Freude verging und wissenschaftlich nennt man diese nun Neobiota – Neulebewesen. Aber das klingt irgendwie nach Retorte und Frankenstein. Gern verwendet wird stattdessen der Ausdruck „invasive Arten“. Auch das passt nicht, da es sich ja nicht um eine mutwillige, aggressive oder sogar militärische Invasion dieser Tiere und Pflanzen handelt. Im Gegenteil, sie wurden oft absichtlich von Menschen ins Land eingeführt. So zum Beispiel der Asiatische Marienkäfer, den man 1982 nach Europa importierte, um in Glashäusern Insekten zu bekämpfen und der jetzt unseren heimischen Arten das Essen wegfrisst. Oder eben der Goldfisch, der jetzt als Jahres-Alien nominiert wurde. Auch dieser hat sein ursprüngliches Verbreitungsgebiet in Asien nicht absichtlich verlassen. Der Zoohandel macht gute Geschäfte, doch ohne Rücknahmegarantie. Und so werden diese Fische, wenn sich keiner mehr um sie kümmern will, aus falscher Tierliebe in heimischen Gewässern ausgesetzt. Wo sie sich effizient von Froschlaich ernähren. Tadellos erscheint die Flechte des Jahres, Parmotrema perlatum, die in Indien auch als Fleischgewürz verwendet wird. Was aber, wenn die unseren braven Kümmel verdrängt? Das Ende ist nah.