„Schläft man genug, hält man durch“

Der Tiroler Musiker Manu Delago, Mitglied in Björks Band, stellt sein neues Album vor

FALTER:Woche, FALTER:Woche 16/2017 vom 18.04.2017

Foto: Mirko De Nicolo

Sein Stamminstrument ist das Hang, ein handliches Stahlblechding, das wie ein Miniatur-Ufo aussieht. Damit zählt Manu Delago zu den international erfolgreichsten Musikern des Landes: Der in London lebende Tiroler tritt regelmäßig mit dem World-Jazz-Star Anoushka Shankar, den Elektronikern des Cinematic Orchestra sowie dem London Symphony Orchestra auf. Er gehört seit Jahren Björks Liveband an und spielt auch solo in aller Welt. Sein neues Album „Metromonk“ verbindet einmal mehr kontemplative Klangmalerei mit forscheren Momenten.

Falter: Kommt es vor, dass Sie auf Tour aus dem Zimmerfenster schauen und nicht wissen, wo Sie sind?

Manu Delago: Das weniger, aber mit dem Room-Number-Jetlag bin ich durchaus vertraut. Du musst dir jeden Tag eine andere Zimmernummer merken, was irgendwann einfach nicht mehr funktioniert. Darum schreibst du sie dir auf die Hand. Prinzipiell bin ich auf Tour relativ diszipliniert, weil ich herausgefunden habe, dass ausreichend Schlaf die meisten Probleme heilt und Wehwehchen unterbindet. Schläft man genug, hält man durch.

Haben Sie ein Tour-Highlight?

Delago: Die „Biophilia“-Tour mit Björk, ja. Wir sind damals nicht klassisch herumgefahren, sondern in acht ausgewählten Städten drei bis vier Wochen geblieben. Das war eine extreme Luxusvariante des Tourens, weil du für gewisse Zeit am jeweiligen Ort leben konntest. So zu arbeiten kann sich kaum wer leisten, aber Björk wollte das Gott sei Dank so.

Wie schafft man es in Björks Band?

Delago: Das war gar nicht so kompliziert. Sie hat mich auf Youtube gesehen und daraufhin einfach angeschrieben. Wir haben geskypt, dann bin ich nach Island geflogen, habe mit ihr aufgenommen, und auf einem Spaziergang hat sie mich schließlich gefragt, ob ich auf Tour mitfahren möchte.

Ihr neues Album heißt „Metromonk“. Wer oder was ist das?

Delago: Diese Wortzusammensetzung spiegelt die zwei Hälften des Albums wider. Ich bezeichne sie als „oben“ und „unten“, womit nicht zuletzt auch „Berg“ und „Stadt“ gemeint ist. Als Tiroler in London begleitet mich das schon lange. Es können auch die Beine gemeint sein, die unten tanzen, und oben ist die stille Seele oder das Herz. Ich habe ein Wort gesucht, das diese beiden Hälften widerspiegelt, und eines Tages in Bangkok sah ich so einen Mönch, in orange Tücher gehüllt, ganz friedlich und still durch diesen unglaublichen Verkehr schweben. Er hat mich zum Titel inspiriert.

Das Hang ist ein relativ junges und ziemlich ungewöhnliches Instrument. Was macht den Reiz aus?

Delago: Der neuartige Klang und die Vielseitigkeit. Ähnlich einer indischen Tabla kann man es sehr perkussiv oder aber weich und melodiös wie eine Harfe spielen – und diese Elemente lassen sich auch nahtlos verbinden. Das Hang hat keine traditionelle oder regionale Bindung, dadurch passe ich zu einem Orchester oder einem Chor ebenso wie zu einem DJ oder einer Popband.

Wie sind Sie als in England lebender Österreicher vom Brexit betroffen?

Delago: Jetzt gerade noch gar nicht. In London lebt eine Million Europäer, die können sie nicht von heute auf morgen rausschmeißen, denn dann würde die Stadt zusammenbrechen. Sollte es irgendwann aber wirklich kompliziert werden, von dort aus meinen Job auszuüben, kann ich mich auch woanders niederlassen. Ich arbeite ohnedies international.

Sie waren früher selbst ein begeisterter Fußballer. Welcher der beiden prominenten österreichischen England-Legionäre taugt Ihnen mehr, Marko Arnautović oder Christian Fuchs?

Delago: Eigentlich schon der Arnautović. Ich kann ihn nicht ganz ernst nehmen, aber er ist unterhaltend in seiner Art und seinen Aussagen.

Fuchs ist so ein kluger, reflektierter und sympathischer Typ – und doch sagt fast jeder „Arnautović!“

Delago: Ja, eh. Es ist ja auch nicht unbedingt ein Kompliment, dass ich ihn unterhaltsam finde. Als Kumpel zum Abhängen würde ich mir Arnautović nicht wünschen – und erst recht nicht als Vorbild für meine Kinder.

Wird das Jahr 2017 vorrangig von Ihrer Soloarbeit geprägt werden?

Delago: Schon, aber es steht auch allerlei anderes an. Und ganz wichtig: viele Bergtouren! Das ist mein privater Ausgleich im Sommer.

Die finden aber nicht in aller Welt, sondern in Ihrer alten Heimat statt?

Delago: Großteils, ja. Aber ich strebe in die Höhe, und da muss man raus, weil es in Tirol bei 3700 Metern endet. Im Sommer geht es in die Schweiz, damit einmal ein Vierer vorne steht, und dann schauen wir weiter.

Stadtsaal Wien, Di 20.00, weitere Termine im Bundesländerprogramm

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