Laurel und Hardy, Harold und Maude

Stermann & Grissemann über ihr Programm „Gags, Gags, Gags“ und andere Zukunftspläne

FALTER:Woche, FALTER:Woche 11/2017 vom 14.03.2017

Foto: Udo Leiner

Ein ungleiches Paar: Der Deutsche Ster- und der Österreicher Grissemann sind dafür bekannt, dass sie jeden Blödsinn mitmachen, meist im Doppelpack. Werbungen, Lesungen, Boulevardkomödien, Diskursshows am Theater, natürlich die TV-Sendung „Willkommen Österreich“ und immer wieder ein neues Kabarettprogramm. Kein Wunder, dass Christoph Grissemann das Interview mit den Worten einleitet: „Ich kann nicht mehr. Ich kann nicht mehr, und ich will nicht mehr.“

Falter: Das ist aber kein guter Anfang für ein neues Programm! Andererseits signalisiert das Plakat ja schon, dass „Gags, Gags, Gags“ auf Ihrer Lädiertheit und Ausgelaugtheit aufbaut.

Christoph Grissemann: Die Blessuren im Gesicht sind ein plumpes Mittel, um die seelischen Verletzungen zu zeigen, die wir dem Fernsehen angetan haben und das Fernsehen uns.

Warum verursacht das Fernsehen schlimmere seelische Verletzungen

als andere Einrichtungen?

Dirk Stermann: Es gibt wenig Berufe – höchstens noch Friseur, weil die ein Schaufenster haben –, die so öffentlich überprüfbar und kritisierbar sind wie der des Fernsehmoderators.

Grissemann: Wir sind auch selber schuld. Wenn ich Starkstromelektriker geworden wäre, würde mich Felix Baumgartner nicht beschimpfen. Das muss ich alles aushalten, und das Geld, das ich dafür bekomme, ist zu 80 Prozent Schmerzensgeld. Aber das ist ein fairer Deal.

Stermann: Im neuen Programm geht es um eine TV-Show, die nicht stattfindet. Es gibt zwei super Stargäste, die aber beide nicht kommen. Die Sendung bricht in sich zusammen, und wir sind auf uns selbst zurückgeworfen, auf unsere Hinigkeit. Es ist unsere vermeintlich letzte „Willkommen Österreich“-Sendung.

Wird „Gags, Gags, Gags!“ eine Abrechnung mit dem Fernsehgeschäft?

Grissemann: Im satirisch-ironischen Rahmen. Wir werden nachher nicht den Entlassungsbrief von Frau Zechner vom ORF bekommen.

Stermann: Das Programm spielt in der Zukunft, aber da das Fernsehen schnelllebig ist, ist schwer zu sagen, wie nahe diese Zukunft schon ist. Im Moment sieht es gut aus, dass wir noch nicht so weit sind. Aber da reicht ja schon eine neue Regierung, ein Eklat, ein Gedicht.

Im TV werden Ihnen die Gags von Autoren vorgelegt. Hier auch?

Grissemann: Bei den Kabarettprogrammen ist es für uns Ehrensache, die selber zu schreiben.

Wann haben Sie denn Zeit,

daran zu arbeiten?

Grissemann: Ja, eben wenig leider. Wir hoffen, dass wir vor der Premiere noch den einen oder anderen Tag freischaufeln können.

Fürs Proben oder fürs Schreiben?

Stermann: Fürs Schreiben. Proben ist für Weicheier.

Grissemann: Wir haben ja kein ausgefeiltes Regiekonzept. Wir stehen auf der Bühne und reden vor uns hin. Es muss halt auswendig gelernt werden, das ist die einzige Prämisse.

Was finden Sie selbst eigentlich lustig?

Grissemann: Viel. Meine Humorschwelle ist sehr niedrig. Heute habe ich mir um fünf Uhr früh Katy-Perry-Konzerte angeschaut. Über diese musicalhaften Inszenierungen musste ich sehr lachen. Auch über alte Maxi-Böhm-Witze und Josef Hader kann ich lachen, manchmal auch über mich. Sogar über Dirk Stermann. Der ist unfreiwillig manchmal sehr lustig.

Stermann: Ich lache eigentlich nie, manchmal amüsiere ich mich. Im Moment zum Beispiel bin ich in einem amüsanten E-Mail-Disput mit dem Leiter des Anton-Bruckner-Festivals, weil ich auf Ö1 etwas über Bruckner erzählt habe, was ihn geärgert hat. Jetzt will er mir Bruckner näherbringen. Aber in jedem Mail erzählt er mir noch ärgere Dinge über Bruckner. Zum Beispiel …

Grissemann: Nicht schon wieder!

Stermann: … wusste ich gar nicht, dass Bruckner nekrophil war und in offene Gräber masturbiert hat. Das schreibt der mir dann, um Bruckner zu verteidigen. So was ist amüsant.

Ihre Auftritte basieren oft auf Selbstdemontage. Ist es nicht anstrengend, sich immer selbst niederzumachen?

Grissemann: Es ist ein Überlebensprinzip. Schon in der Schule hat es sehr geholfen, seine Schwächen zuzugeben und sich selbst katastrophal zu finden. Menschen ohne Hang zur Selbstzerstörung finde ich uninteressant.

Sie machen Loriot-Lesungen und spielen die „Sonny Boys“ von Neil Simon im Rabenhof. Gibt es berühmte Paarkonstellationen, auf die Sie sich noch stürzen wollen?

Grissemann: Stan Laurel und Oliver Hardy. Das kommt dann 2020.

Stermann: Und wenn Erni Mangold stirbt, machen wir „Harold und Maude“.

In welcher Aufteilung?

Stermann: Wissen wir noch nicht. Je nachdem, wer körperlich fitter ist. F

Globe Wien, Do 19.30

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