Brutalismus und Boheme in Bad Gastein
Mondän, verwunschen und neuerdings auch cool: Der Alpinort Bad Gastein kämpft gegen einen Wiener Spekulanten und für ein moderneres Image. Zu Besuch in einem Ort, wie geschaffen für einen Landkrimi
Foto: Gasteinertal Tourismus
Über seine Motive rätseln sie im Ort nach wie vor. Warum kaufte der Wiener Investor Franz Duval, der sich gerne „Garagenkönig“ rufen lässt, kurz vor der Jahrtausendwende fünf der prächtigsten Häuser an der Bad Gasteiner Kurpromenade, um sie dann leerzuräumen und langsam verfallen zu lassen? Was kann in so einem Menschen vorgehen, der einem Ort das Zentrum nimmt? Ist es Hass? Rache? Pech? Spekulantentum alleine kann es doch nicht sein.
Bad Gastein ist ein Ort voller Gegensätze und dank Duval hat es einen mehr. Alles ist vertikal hier: die schroffen Berge, die steilen Straßen und der massive Wasserfall, der seit Jahrhunderten über 250 Meter ins Tal donnert, zwischen den Häusern hindurch, und die Luft konstant diesig hält. Hier schmiegen sich die Häuser zehn und mehr Stockwerke hoch an die Felswände, als wäre es ein Bergdorf voller Wolkenkratzer, eine alpine Großstadtminiatur. In seinem Herzen thront das berühmte Kongresszentrum des kürzlich verstorbenen Architekten Gerhard Garstenauer, ein 1970er-Jahre-Betonbrutalismusbau, gedacht als gigantische Spange, als große Horizontale, die alles zusammenhält. Historisch gesehen war Bad Gastein ein mondäner Ski- und Kurort, zurzeit ist es vor allem Kuriosum. Ein Ort, der irgendwie funktioniert, obwohl sein Herz tot ist.