Pop ist ein Opfer seines eigenen Erfolgs
Der Musiker und Journalist Robert Rotifer hat sein bisher persönlichstes Album gemacht. Ein Gespräch über das Leben als Wiener im Brexit-England, den Niedergang der Popkultur und seine kommunistische Oma
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Brexit – und jetzt? Ganz Europa stellt sich diese Frage, Robert Rotifer, 46, ist von der Antwort unmittelbar betroffen. Seit 1997 lebt der Wiener Musiker und Journalist in England, seine Kinder sind dort geboren. Die Veröffentlichung von „Not Your Door“ – nach diversen Bandalben ist es Rotifers erstes Soloalbum seit 15 Jahren – fällt mit den Brexit-Wirren zusammen. Wie passend, gehen das Persönliche und das Politische doch auch in Rotifers Liedern Hand in Hand.
Falter: Herr Rotifer, Sie sind vor knapp 20 Jahren aus Wien ins gelobte Land der Popkultur gezogen. Wie lebt es sich dort in den Post-Brexit-Tagen?
Robert Rotifer: Aktuell kann ich eine gewisse Enttäuschung nicht verbergen. Als ich England in den 80er-Jahren lieben lernte, hat hier Margaret Thatcher regiert, und es hat auch viel Rassismus auf den Straßen gegeben. Nur existierte damals eine umso spannendere Parallelwelt, wo man in besetzten Häusern in Brixton oder in einer Buchhandlung in Islington das Gefühl hatte, ein anderes Großbritannien als das offizielle zu betreten. Die gemeinsame Opposition gegen den Status quo war eine Art Bindeglied, in das sich auch Ausländer einfügen konnten, man fühlte sich willkommen.