Bei den Dealern
Entlang der U6 boomt seit Monaten der Drogenhandel, eine Gesetzesnovelle soll es demnächst wieder richten. Was ist los am Gürtel?
Foto: Heribert Corn
Call me Joseph“, sagt er, schlägt grinsend zum Gruß ein und zieht Haube und Kapuze noch tiefer ins Gesicht, so, dass seine Augen fast unter der schwarzen Wolle verschwinden. Joseph, der in Wirklichkeit anders heißt, ist Nigerianer. Er sagt, er sei 22. Auf den ersten Blick würde man ihm keine 18 geben. Es ist später Nachmittag, und ein paar letzte Sonnenstrahlen lassen die U-Bahn-Bögen lange, kalte Schatten auf den Lerchenfelder Gürtel werfen. Josephs altes Nokia-Handy klingelt. Kundschaft. Mit federnden Schritten macht er sich auf den Weg Richtung U6-Station Thaliastraße. Zu seiner Linken gerät gerade der Verkehr ins Stocken. Stoßzeit. Böse Blicke gelangweilter Autofahrer folgen ihm. „If you like to get high, I’m your man“, sagt Joseph. Er habe den besten Stoff. Joseph wird gerufen, wenn es um das harte Zeug geht: Kokain und Heroin. Er trägt es, in Folie zu kleinen Kugeln abgepackt, in seinem Mund spazieren: die weißen mit Kokain gefüllt, die roten mit Heroin. Den Großteil seiner Ware bunkert er unter einem Altkleidercontainer in einer ruhigen Seitengasse.