Klatsch-Spalte

Jetzt geht es wieder los, das große Wehklagen weichhäutiger Wiener über die Existenz von Stechmücken!

Kolumnen, FALTER 26/2013 vom 25.06.2013

Jetzt geht es wieder los, das große Wehklagen weichhäutiger Wiener über die Existenz von Stechmücken! In jedem Schanigarten, auf der Donauinsel und in der entlegensten Wohnung kann man jetzt das weinerliche Jammern hören: Wie viele, wie groß und wie unglaublich böse diese zarthäutigen Gelsen sind. Und das kommt – ich sag das schnell noch vor Schulschluss –, weil die wenigsten über diese Insekten etwas wissen. Oder wissen wollen. Dagegen hilft zuerst einmal hinschauen, bevor man hinhaut. Drei Haupttypen kommen in Ostösterreich vor: die ab der Dämmerung und in der Nacht vorkommenden Hausgelsen (Culex-Arten), die schnellen und aggressiven Überschwemmungsgelsen (Aedes-Arten) und die meist in Tierställen vorkommenden Fiebergelsen (Anopheles-Arten). Will man diese Gelsen bestimmen, fällt angenehm auf, dass sie nicht wie andere Insekten fliehen, sondern durchaus interessiert auf einen zugehen. Also landen lassen und hinsehen: Steht der Körper in einem 45-Grad-Winkel zum Untergrund (Kopf unten), dann ist es eine Fiebergelse. Und nein: Bei uns verbreitet diese Art keine Malaria.

Sind die Gelsen eher klein und erkennt man an den Beinen eine schwarzweiße Ringelung, handelt es sich wahrscheinlich um Überschwemmungsgelsen. Apropos klein: Erwachsene Gelsen wachsen natürlich nicht mehr, das tun sie nur als Larven.

Und da kommen wir schon zu der Frage, die so sicher wie das Amen im Gebet auf das Gejammere folgt: „Wozu sind diese Tiere nützlich?“ Die im Wasser lebenden Larven erzeugen mit ihren Mundbürsten einen künstlichen Wasserstrom, filtern so organisches Material aus dem Wasser und sind so wesentlich an der Reinigung von stehenden Gewässern beteiligt, die sonst im Sommer zu faulig stinkenden Brühen würden. Von den Larven ernähren sich Amphibien und Fische. Die erwachsenen Stechmücken ernähren vor allem Libellen, Fledermäuse und Vögel.

Da wirkt es schon seltsam, wenn man sich jetzt brüstet, in den March-Thaya-Auen per Hubschrauber BTI-Granulat im Wert von 50.000 Euro großflächig abgeworfen zu haben. BTI bedeutet Bacillus thuringiensis israelensis und ist ein Bakterium, das die Larven tötet. Das Präparat wirkt aber auch auf andere Larvenarten und hat damit massive Auswirkungen auf die Nahrungsketten. Und jetzt einmal ehrlich: Ist das bisschen Blutspenden wirklich so schlimm?

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Alle Artikel der aktuellen Ausgabe finden Sie in unserem Archiv.

12 Wochen FALTER um 2,50 € pro Ausgabe
Kritischer und unabhängiger Journalismus kostet Geld. Unterstützen Sie uns mit einem Abonnement!