Das große Unglück
Das Land Steiermark prüft, einem Prozess eines Spielsüchtigen gegen den Novomatic-Konzern beizutreten. Müssen am Ende die Steuerzahler für die Schäden der Spielautomatenindustrie bezahlen?
Oft stand Martin R. vor dem Spiegel und dachte: „Wie blöd bist du? Was tust du?“ Und doch griff der Vermögensberater als Nächstes wieder zum Telefon und rief einen weiteren „Kunden“ an, den er mit einem angeblich phänomenalen Anlageangebot dazu brachte, ihm am nächsten Morgen Bargeld zu übergeben. „Weil ich ja wieder in den Automatensalon fahren musste. Wenn du in dem Metier drinnen bist, weißt du zwar, welche Probleme du hinterher haben wirst – aber es ist dir wurscht“, sagt R. Die Spielsucht brachte ihn so weit, seine Kunden zu betrügen. Am Ende war er 36 „Anlegern“ 459.000 Euro schuldig.
Dafür ist der zweifache Familienvater R., heute 38 Jahre alt, mehr als zwei Jahre im Gefängnis gesessen. Jetzt will der Oststeirer das verspielte Geld zurück, um es seinen Gläubigern zurückzugeben: Er hat die Wett Cafe Betriebsgesellschaft mbH, eine 100-Prozent-Enkeltochter des Glücksspielkonzerns Novomatic, verklagt. Das alleine wäre noch nichts Ungewöhnliches. Doch bei dem Prozess könnte nicht nur sein eigenes Schicksal verhandelt werden: Das Land Steiermark überlegt nämlich, dem Prozess als Streithelfer beizutreten, wie Alfred Temmel, Leiter des Verfassungsdienstes des Landes im Ressort von SP-Landeshauptmann Franz Voves, dem Falter erklärt.