Kackadus & Co

Stadtleben, FALTER 11/2007 vom 14.03.2007

Die „Wozu zahl ich Hundesteuer“-Fraktion und die „Exekutive muss einschreiten“-Partie befetzen sich nach wie vor in den diversen Webforen. Da mag man gerne als „Mir doch egal“-Libertin Wilhelm Busch zitieren und „Ist fatal! – bemerkte Schlich – hehe, aber nicht für mich“ ätzen, doch das Problem selbst ist nur auf den ersten Blick läppisch: Haustiere sind ein immer wichtigerer Bestandteil urbaner Gesellschaften. Die American Pet Products Manufacturers Association verlautbarte letzte Woche, dass 2007 weltweit für Haustiere vierzig Milliarden Dollar ausgegeben werden. Und da sprechen wir nur von den fluffigen Mitbewohnern und meinen nicht Ackergäule oder andere working class animals. In einem Strategiepapier einer auf diesem Markt spezialisierten Consulterfirma wird ein starker Trend zur Vermenschlichung der Haustiere geortet, die als Kinderersatz vor allem für zwei Bevölkerungsgruppen dienen: die ins Alter gekommene Generation der baby boomers, die, nachdem der Nachwuchs flügge geworden ist, nicht allein leben wollen. Und junge, gebildete Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer Karriereoptionen sich eher spät binden und dann wenige bis keine Kinder haben. Diese sind für mehr als sechzig Prozent der Umsätze der Haustierindustrie verantwortlich.

Auf der Global Pet Expo, der größten einschlägigen Fachmesse, wurden im Februar die besten und angesagtesten Produkte ausgezeichnet. Platz Eins: „Ramp4Paws“, eine mobile Rampe, die es auch übergewichtigen Hunden gestattet, selbst ins Auto einzusteigen. Weitere Top-Ten-

Artikel waren ein Halsband mit Mikrochip, das einen verschließbaren Fressnapf nur für das berechtigte Tier öffnet, oder der „K9 Kalmer“, eine Art MP3-Player, der speziell komponierte Musik im Ultraschallbereich abspielt, um den erregten Hund zu beruhigen und vom Bellen abzuhalten. „Unsere Zielgruppe sind Menschen, die ihre Tiere wie Kinder behandeln“, sagte einer der größten Hundefutterhersteller. „Wir bieten Tiernahrung nach Atkins Diät, vegetarische oder Vollwertkost sowie aus biologischem Anbau an.“ Und der Wiener Bürgermeister hofft wahrscheinlich, dass die „Pet Loo-

Box“, mit synthetischem Gras und Abwasseranschluss, die öffentliche Kotdebatte für ihn löst.

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