Oh Brennessel, hab erbarmen -wir wollen doch nur deine Samen!

Essen / Trinken, FALTER 32/2017 vom 10.08.2017

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Brennnesseln sind überall dort anzutreffen, wo der Mensch seine Nährstoffspur hinterlassen hat. Sie lieben stickstoffhältige Böden und haben ein weitverzweigtes, nahezu unverwüstliches Wurzelssystem, weswegen sie bei konventionellen Hausgärtnern in Ungnade gefallen sind. Derweil strotzt die Große Brennnessel (Urtica dioica) nur so vor gesunden Stoffen, allen voran Kalium, Eisen und Vitamin C. Letzteres ist auch für eine günstige Aufnahme von Eisen verantwortlich.

Wer dem Geschmack der Blätter wenig abgewinnen kann, der hat zurzeit die Möglichkeit, sich an ihren Samen gütlich zu tun. Sie haben wenig Eigengeschmack bei vollem Nährstoffgehalt. Damit man beim Ernten dieses Krauts, das in der europäischen Kulturgeschichte als jenes des Zorns Gottes bezeichnet wird, nicht zu sehr von den kleinen Brennhaaren geplagt wird, sollte man sich robuste Handschuhe anziehen. Mit einer guten Schere ausgestattet, kann man nun entweder den gesamten Stängel abschneiden oder dort ansetzen, wo die Pflanze die meisten Samen trägt. Der Standort sollte sich jedenfalls fern von Verkehr und Hundezonen befinden. Hat man ein Leinensäckel beieinander, wäscht man sie in einem Sieb und breitet sie in einem abgedunkeltem Raum auf einem Leintuch aus.

Sobald die Pflanzenteile getrocknet sind, kann man die Körnchen in ein verschließbares Glas platzieren. Das ist eine Heidenarbeit, dafür kostet dieses regionale Superfood auch nichts. Als eingeweichter Zusatz für Müsli (Paleo?) oder Joghurt sind sie am besten geeignet. Laut dem Brennesselexperten und emeritierten Professor für Literatur Ludwig Fischer kann man sie löffelweise einfach so mit Wasser schlucken und strotzen.

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