
Die Konturen der neuen Frauenpolitik der Bundesregierung sind klar gezogen. Die finanzielle Reduktion von frauenspezifischen Projekten wird dazu führen, dass zivilgesellschaftliche Bewegungen, die sich für Frauen einsetzen, bewusst an den Rand gedrängt werden.
Die Nichtbeachtung des Frauenvolksbegehrens, das fast 500.000 Menschen unterschrieben haben, ist eine weitere klare Linie der neuen Frauenpolitik.
Manche Forderungen waren aus ökonomischer Sicht wohl nicht klug gewählt, aber das Volksbegehren sollte zumindest dazu dienen, die Ungleichstellung von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt und den nach wie vor großen Lohnunterschied offen zu diskutieren und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Aber nicht einmal die Frauenministerin selbst war bei der parlamentarischen Diskussion über das Frauenvolksbegehren zugegen. Sie hat damit ihre klare Haltung gezeigt.
Und die Einführung des Familienbonus? Sie spült zwar mehr Geld in die Taschen der Haushalte, enthält aber keine Anreize für Frauen, sich stärker am Arbeitsleben zu beteiligen. Im Gegenteil. Benachteiligt von der Maßnahme sind vor allem Alleinerziehende – mehrheitlich natürlich Frauen -, denn sie erhalten im Durchschnitt einen geringeren Familienbonus als andere Familien.
Dies ist brisant, da die OECD-Daten zeigen, dass das Haushaltseinkommen Alleinerziehender in Österreich zwischen 2007 und 2014 um knapp 14 Prozent gesunken ist und diese Gruppe überdurchschnittlich von Armutsgefährdung betroffen ist.
Es wären also genau diese Frauen gewesen, die eine bessere Unterstützung benötigt hätten.
Auch das neue Arbeitszeitgesetz, das einen 12-Stunden-Arbeitstag ermöglicht, wird die ungleiche Verteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit weiter zementieren und das „Papa-Vollzeit-Mama-Teilzeit-Modell“ stärken, da die zeitliche Ausgestaltung der Kinderbetreuung am Nachmittag in Kindergärten und Schulen keinen 12-Stunden-Arbeitstag für Frauen ermöglicht. Abgesehen davon sollte es für Kinder wie Eltern nicht das Ziel sein, Müttern gleich lange Arbeitszeiten wie Vätern zu ermöglichen. Vielmehr sollte zumindest bei jüngeren Kindern sowohl Vätern wie Müttern Teilzeit ermöglicht werden.
Jetzt ist zu alldem eine neue Debatte aufgeflammt. Es geht um die Daten, die Aufschluss darüber geben sollen, wodurch sich Arbeits-und Lebensrealitäten von Frauen und Männern unterscheiden. Die Statistik Austria kann bislang keine Finanzierung für eine Neuauflage jener „Zeitverwendungserhebung“ finden, die zuletzt vor über zehn Jahren durchgeführt wurde. 2008 wurde sie noch aus dem Etat der damaligen Frauenministerin finanziert.
Die Zeitverwendungserhebung stellt die einzige Quelle für die Beurteilung der Arbeitsaufteilung in Familien dar und liefert einzigartige Daten: Frauen arbeiten im Durchschnitt 27 Stunden pro Woche unbezahlt (Haushalt, Kinder, Alte, Freiwilligenarbeit), Männer hingegen nur 16 Stunden. Rechnet man die aufgewendeten Stunden für bezahlte und unbezahlte Arbeit zusammen, dann arbeiten Frauen wöchentlich um zwei Stunden mehr als Männer. Zumindest war das vor gut zehn Jahren so. Über die Entwicklung seither gibt es keine statistischen Daten.
Für Protest sorgte jüngst auch die Meldung, dass das Sozialministerium äußerst relevante Fragen im Rahmen des Mikrozensus der Statistik Austria (Befragung in Haushalten) gestrichen hat. Gerade für Frauen sind sie wichtig. Sie betreffen die Gestaltung von Teilzeit, die Zufriedenheit mit dem Arbeitszeitmodell und die Bekanntgabe von Dienstplänen im Vorhinein. Es spricht Bände, dass im Jahr eins nach dem neuen Arbeitszeitgesetz auch gleich Fragen zur Abgeltung von Überstunden gekappt wurden.
Die jüngste Linie der neuen Frauenpolitik wird weiters durch die Streichung des 50-Prozent-Förderziels des AMS für Frauen durch das Sozialministerium gekennzeichnet. Auch wenn diese Zielvorgaben nur einen strategischen Wegweiser darstellen, ist die Leitlinie klar. In den neuen Vorgaben des Sozialministeriums heißt es: „Frauen sollen dadurch die freie Entscheidung treffen können, ob sie ihre Kinder selbst zu Hause erziehen oder ob sie wieder teilzeitbeschäftigt oder voll arbeiten wollen.“
Von einer echten Wahlfreiheit sind wir in Österreich indes sehr weit entfernt: Dafür müsste die Kinderbetreuung in Kindergärten und Schulen quantitativ und qualitativ stark verbessert werden und Betriebe müssten auch für Männer eine echte Wahlfreiheit ermöglichen.
Interessant wird es, wenn die Pläne für die Steuerreform 2020 formuliert werden. Bislang gilt in der Steuerpolitik das Gleichstellungsziel: Das Abgabensystem sollte zu einer gleichmäßigeren Verteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit beitragen. Welche Rolle das Gleichstellungsziel bei der Steuerreform 2020 spielen wird, bleibt abzuwarten. Wenn aber keine Daten zur Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit erhoben werden und somit die Datenbasis fehlt, ist die Umsetzung dieses Gleichstellungsziels nur schwer möglich.