Ein guter Tag für Deutschland

Das Programm der künftigen Regierung trägt eine deutlich sozialdemokratische Handschrift. Ein Ende des kontraproduktiven Sparens deutet sich an


PETER MICHAEL LINGENS

05.03.2018

Weit deutlicher als erwartet- mit Zweidrittelmehrheit – haben die Mitglieder der SPD den Eintritt ihrer Partei in eine große Koalition abgesegnet. Das lag nicht zuletzt daran, dass deren Regierungsprogramm tatsächlich deutlich „sozialdemokratischer“ als zuvor ausfällt: Der Staat erhöht seine Ausgaben um 15 Prozent.
Wie bei uns sollen die Steuern, insbesondere für Familien mit Kindern gesenkt. Der Arbeitgeber wird wieder zur Hälfte an den Sozialversicherungsbeiträgen beteiligt. Prekäre Arbeitsverhältnisse sollen erschwert werden.
Die Renten, voran die Grundrente sollen angehoben werden und deutlich über der Mindestabsicherung liegen.

Deutlich mehr Staatsangestellte

Eingestellt werden sollen, wie bei uns vor allem Sicherheitskräfte, aber, anders als bei uns, auch sehr viele Richter, Lehrer und Pflegekräfte. Anders als bei uns soll auch die Kinderbetreuung insbesondere am Nachmittag ausgebaut werden.
Dazu kommen vermehrte Investitionen in die Infrastruktur, voran die Digitalisierung.
Die Summe dieser Mehrhausgaben in vielfacher Milliardenhöhe wird zwar mit Sicherheit besorgte Kommentare der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auslösen – hier würden Geschenke verteilt und der Wirtschaftsstandort Deutschland würde gefährdet – aber das Gegenteil ist der Fall. Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird insbesondere durch mehr Lehrer und besser Kinderbetreuung mindestens so sehr gesichert wie durch den Ausbau des Glasfasernetzes und wenn mehr Richter für einen rascheren Ablauf von rechtlichen Auseinandersetzungen und Bewilligungen in Verwaltungsabläufen sorgen, dann ist das für die Wirtschaft von entscheidendem Vorteil.

Das Budget wird dennoch ausgeglichen bleiben

Dass die Konsumenten dank verringerter Steuern mehr Geld in der Hand haben werden, wird den deutschen Käufermarkt stärken und der Wirtschaft gleichfalls nutzen. (Wenn auch in meinen Augen weniger, als noch stärker erhöhte Infrastrukturinvestitionen das täten)
Das Versprechen der Koalition, die ausgeglichen Verhältnisse beim Budget trotz dieser Mehrausgaben in keiner Weise zu gefährden werden sich jedenfalls als völlig zutreffend erweisen. Ich bin im Gegenteil der Meinung, dass sich der Überschuss sogar erhöhen könnte.
Generell werden die vermehrten Anstellungsverhältnisse beim Staat, die der FAZ vermutlich am meisten Sorgen bereiten, den angespannten deutschen Arbeitsmarkt noch mehr verknappen, und das wird – was der FAZ immer das Schrecklichste erscheint—hoffentlich Lohnerhöhungen erleichtern, denn noch immer liegt das deutsche Lohnniveau massiv unter dem, was Deutschlands gestiegene Produktivität zuließe.

Besser für die EU

Zumindest ein klein wenig könnte sich der Konkurrenzvorteil, den Deutsche Waren dank ihres niedrigen Lohnstückkostenniveaus genießen, tatsächlich verringern. Was wieder zum Schrecklichsten zählen dürfte, was man sich in der FAZ vorstellen kann – es könnte freilich die Konkurrenzfähigkeit voran des Südens der EU (etwa Italiens) zumindest minimal erhöhen. Und dass die EU insgesamt nicht zerfällt, müsste eigentlich auch im Interesse der deutschen Wirtschaft sein.