Nationales Liedgut


PETER MICHAEL LINGENS

25.01.2018

H.C. Strache (Burschenschaft Vandalia) glaubt seinem niederösterreichischen Spitzenkandidaten Udo Landbauer (Burschenschaft Germania) so uneingeschränkt, dass er keine Ahnung von den Liedern seiner Burschenschaft hatte, wie Landbauer ihm glaubt, dass er drei Finger zum Bestellen von drei Bier und nicht zum Hitlergruß der Neonazis erhoben hat. Herbert Kickl, ausnahmsweise kein Burschenschafter sondern nur FP-Innenminister, hält Ermittlungen gegen Landbauer für „ziemlich ausgeschlossen“ hat der sich doch „uneingeschränkt“ von der Germania distanziert, indem er seine Mitgliedschaft nicht vielleicht aufgekündigt, sondern „ruhend gestellt“ hat. Denn antinazistisch wie sie ist, hat sich natürlich auch die Germania uneingeschränkt vom „abartigen Inhalt“ ihres Liederbuches distanziert, den Hersteller preisgegeben und versichert, dass die entsprechenden Textstellen bei allen in ihrem Besitz befindlichen Exemplaren geschwärzt seien.

Funktioniert wenigstens die Justiz?

Die Vorstellung, dass Sebastian Kurz bei der Erkenntnis erschrecken könnte, aus welchem Milieu die Leute kommen, mit denen er sich da regiert aufs gemeinsame Regieren eingelassen hat, kann man sich abschminken: Er hat mit dem gewohntem Teflon-Lächeln versichert, dass alle klar und allen Beteiligten zu vertrauen ist.
Fraglich ist eigentlich nur, ob die Justiz unter ihrem freiheitlichen Justizminister Josef Moser noch unabhängig funktioniert.
Wenn das so ist, hat die Staatsanwaltschaft in den Räumen der Germania und bei ihren Funktionären unverzüglich Hausdurchsuchungen durchzuführen, um nicht nur zu prüfen, ob sich dort weitere geschwärzte oder nicht geschwärzte Kopien des Liederbuchs finden, sondern ob es dort andere Materialien ähnlichen Zuschnitts gibt.

Ermunterung zum künftigen Massenmord

Der Text stellt ja nicht nur nationalsozialistische Wiederbetätigung in der eindeutigsten Form, nicht nur Volksverhetzung, sondern Ermunterung zum künftigen Massenmord dar. Der Verdacht der Begehung dieser Delikte erstreckt sich selbstverständlich sowohl auf die Burschenschaft als ganzes wie auf ihre Spitzenfunktionäre, gegen die selbstverständlich Erhebungen einzuleiten sind. Dass Udo Landbauer 11 Jahre war, als das Liederbuch in Umlauf gebracht wurde, sagt nicht das Geringste darüber aus, was er über den Umgang damit weiß. Dass Stellen angeblich oder wirklich geschwärzt wurden, besagt ja, dass sie irgendwann sichtbar waren. Es sind also alle Personen zu vernehmen, die mit dem Auftrag zu diesem Liederbuch, seiner Redaktion, seinem Druck, seiner Bezahlung seiner in Umlauf Bringung und Verwendung in irgend einem Zusammenhang gestanden sind.
In jedem andern Fall verletzt die Justiz ihre Amtspflicht.