Bier vs. Realität: Die Taferln des Café U1


KATHARINA SEIDLER

01.10.2015

Längst überfällig, an dieser Stelle unserem Lieblingstschocherl zu huldigen. Das Café U1 kennt jeder, der ab und zu bei der U1-Station Taubstummengasse aussteigt (und dann beispielsweise, wie immer zu spät, in Richtung Funkhaus rennt). Die legendären, immer wechselnden Kreidetaferln vor der Tür bringen einen mit Pfeilen regelmäßig zum Infragestellen der Tagesprioritäten: Links geht’s die Straße entlang in Richtung „Hamsterrad“, rechts ins Lokal zu „Averna sauer“. Dort gibt es eine Wand aus Jägermeister-Flascherln, eine Darts-Scheibe, Fußballübertragungen, Musik aus der Youtube-Playlist und jede Menge gute Gespräche. Café-U1-Hausherr Flo liest einem Wünsche aus dem halbvollen Glas ab und mixt ein Zaubergetränk, das Apfelstrudel heißt und genauso schmeckt. Beim Abrechnen hat er die Getränke seiner Gäste, die er alle beim Namen kennt, im Kopf, und wenn er einmal lieber auf ein Konzert in die Arena geht oder nach Traiskirchen fährt, um zu helfen, bleibt das Lokal eben geschlossen. Realitätsflucht oder „Downshifting“, im Café U1 fühlt man sich hierbei sicher.

VORSCHAU

DONNERSTAG (1.10.): Heute spenden über 100 Lokale 50 Prozent ihres Umsatzes für die Flüchtlingshilfe, dazu gibt es jede Menge Partys etwa mit Sami Nagasaki im Roxy oder Pulsinger & Zanshin im Gartenbaukino. Außerdem startet das Festival Waves Vienna in sein fünftes Jahr.

FREITAG: Im Loft eröffnet das Festival Bock auf Kultur mit einem DJ-Set der wunderbaren Gustav, das Flex feiert im Oktober unglaubliche 20 Jahre Clubgeschichte und hat hierfür heute den großen Techno-Langstreckenläufer DJ Rush zu Gast, und Fontarrian aus Graz gibt sich zum Saisonauftakt des Celeste als geduldiger Erforscher elektronischer Phasenverschiebungen. Zu den Waves-Highlights zählen die deutschen Postrocker Warm Graves auf dem Badeschiff und der heimische Post-Step-Romantiker Toju Kae im Heuer.

SAMSTAG: Das Größte heute ist klarerweise Voices for Refugees auf dem Heldenplatz. Das Waves begeht seinen Endspurt mit den Bass-Music-Poppern Darkstar im Haymarket beim Eislaufverein oder dem PC-Music-Augenzwinkerer Kane West in der Alten Post. Metaboman importiert seine herrlich windschiefe Version von groovigem House ins Werk, die Berliner Technologin Fidelity Kastrow gratuliert dem Dual zum Einjährigen, und der Kölner Supertyp Barnt blickt in der Grellen Forelle über den Techno-Tellerand in Richtung Kraut und Kosmos.

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Flyer der Woche ausgesucht von Lisa Kiss