„Wir nennen es Slow Activism“

Sarah Corbett verbreitet mit Stickerei politische Botschaften - sie erzählt über diese ungewöhnliche Form des Protests

INGRID BRODNIG | 07.05.2014

sarah_corbett

And now for something completely different: Sarah Corbett ist Craftivistin, sie stickt und setzt sich damit auch politisch ein. Sie trat heute auf der re:publica auf und erklärte mir im Anschluss, inwiefern Politik und Handarbeit zusammenpassen.

Falter: Sie nennen sich eine Craftivistin. Was heißt denn das?

Sarah Corbett: Ich bin eine Aktivisten, die Handarbeit einsetzt – also Näharbeit, Stickereien, alles von Hand gefertigt.

Wie verbreiten Sie damit politische Botschaften, haben Sie ein Beispiel?

Klar! Wenn die London Fashion Week stattfindet – das ist ein der wichtigsten Modeveranstaltungen der Welt, dann machen wir Protesttransparente über Sweatshops und hängen die überall dort in der Nähe auf, wo die Fashion Week stattfindet. Wir sagen den Leuten nicht, was sie tun sollen, sondern wir verbreiten Fakten und Statistiken über die hässliche Seite des Modegeschäfts. Das ist eine gute Methode, die Zielgruppe direkt anzusprechen.

Die re:publica ist eine Konferenz über Netzkultur. Wie nützen Sie denn das Internett?

Ich habe mit meiner Form des Craftivismus angefangen und das auf ein Blog gestellt. Immer mehr Menschen wollten mitmachen und sich selbst kreativ einbringen. Ohne das Internet wäre all das nicht möglich.

Die Craftivisten-Szene mobilisiert sich also über das Netz?

Ja, wenn man etwas gefertigt hat, dann kann es hochladen und diese Bilder teilen. Aber wir bieten Craftivisten auch Produkte und Unterstützung an, damit sie aktiv sein können. Die Materialien online ermöglichen den Aktivismus offline.

Bevor Sie sich hauptberuflich auf den Craftivismus konzentrierten, waren Sie auch im herkömmlichen Kampagnengeschäft tätig. Was machten Sie denn da?

Ich arbeitete für Oxfam (eine Hilfsorganisation, Anm.) an Kampagnen zur Steuerungerechtigkeit, Klimawandel, Gleichstellung. Ich wuchs in einer ärmeren Gegend in Liverpool in den Achtzigerjahren auf, damals war Margaret Thatcher in der Regierung. Es war eine Zeit voller Ungerechtigkeiten. Von mir gibt es ein Foto, da bin ich drei Jahre alt und besetze mit meinen Eltern ein Haus. Mir scheint, ich war schon immer eine Aktivistin – nur dass mir diese Form des Aktivismus am besten gefällt.

Was mögen Sie denn so am Craftivismus?

Man macht alles mit den Händen, es ist eine sehr repetitive Arbeit, man denkt dabei sehr intensiv über das Anliegen, um das es geht, nach. Das hat sogar etwas sehr Nachdenkliches. Wir nennen es übrigens Slow Activism.

superman

Diese Stickerei mit Superman-Zitat stammt vom Craftivist-Collective. Danke für die freundliche Genehmigung!