Meine erste Verschwörungstheorie

Verschwörungstheoretiker sind seltsame Typen. Bis man selbst zu einem wird

Harry Bergmann
am 02.11.2020

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Es ist einiges zusammengekommen. Sean Connery ist gestorben. Auch Dominik Thiem ging von uns. Zwar nur humpelnd, von einer großen Blase auf der Fußsohle gequält, und nur bis zum Turnier in London. Wir stehen am Vorabend eines zweiten Lockdowns, der – nicht wie Thiem humpelnd endet- sondern schon wieder humpelnd beginnt. Und jetzt noch eine schlaflose Nacht wegen Trump. Hoffentlich die letzte.

Natürlich hat das eine mit dem anderen und das andere mit dem einen nichts zu tun. Würde man meinen. Aber ich glaube nicht an Zufälle. Es gibt immer eine Verbindung. Man muss sie nur konzentriert suchen. Ich sehe mich da seelenverwandt mit Sherlock Holmes, Nick Knatterton und Hercule Poirot.

Eine Karte mit dem Wert 5, darauf sind fünf Karos abgebildet. Ein Zufall? Wohl kaum! Foto: Omid Armin | Unsplash

Eine ganz einfache – geradezu peinlich banale – Verbindung ist diese: Im 4-wöchigen Lockdown werden alle genug Zeit haben, sich alte James Bond-Filme mit Connery nochmals anzusehen. Die Quoten werden hinaufschießen. Zufall?

Egal, Hauptsache ich sehe „Liebesgrüße aus Moskau“ nach 57 Jahren wieder. Das erste Mal war im Jahre 1963. Ich war 12 Jahre alt, sah aus wie 10 und hatte in etwa so wenig Chance bei Jugendverbot ins Kino zu kommen, wie Bond, auf sich allein gestellt, den Weltzerstörer zu besiegen. Wir schafften es beide. Er mit seiner Beretta 418, ich mit meinem Vater. Die Zahlen 4, 57, 1963, 12, 10 und 418 haben sicher eine Bedeutung. Komme ich auch noch drauf.

Aber wie kommt Dominik Thiem ins Spiel, der erst 30 Jahre später geboren wurde? Sein „tödlicher“ Backhand-Longline-Schuss? Eher nein. Ich glaube auch nicht, dass Thiem einen Aston Martin fährt, und ob er sein Cola geschüttelt oder gerührt trinkt, damit er die Kohlensäure rausbekommt, interessiert nicht mal seine tätowierte Mutter. Es muss wohl die Bubble auf der Fußsohle sein. Ein Zeichen. Eine schmerzhafte Vorwarnung, dass wir jetzt alle die nächsten 4 Wochen in unsere eigene, kleine Bubble eingesperrt werden. Ich wusste es immer schon: der Mann ist mehr als ein niederösterreichischer Tennisspieler, der uns kompetent die Vorteile des Online-Bankings erklärt. Der Mann ist ein Hellseher, ein Medium. Das ist natürlich eine andere Liga, als von Zeit zu Zeit ein Weihnachts-Lichtlein am Ende des Tunnels aufflackern zu sehen.

Lockdown also. Schon längst vorherberechnet. Das können übrigens nicht nur Mathematiker, das kann seit Kurzem jeder von uns. Also zumindest jeder, der den TV-Kurs „exponentielle Kurven“ belegt und geschafft hat. Ein Super-Kurs, der in der Fernsehgebühr enthalten ist. Ein Maturant, der sich an seine erst unlängst gestellten Maturafragen noch halbwegs erinnern kann, ist der Kursleiter. Ziemlich aufgeblasen, und irgendwie fällt es einem schwer, ihm alles zu glauben, was er da von sich gibt. Aber am Ende tut man es dann doch.

Neben diesem Kursleiter gibt es aber noch 3 andere Männer, die die Aufgabe haben, das vom Kursleiter als erstes sehr anschaulich Gesagte zu wiederholen, aber so, dass man es nicht mehr versteht. Dadurch soll die Lernkurve exponentiell gesteigert werden.

Als zweiter kommt einer von der Baumschule „Grün oben“ dran, der dort den Kurs „Der Schachtelsatz und seine weit verzweigten Wurzeln“ leitet. Echt lustig. Am Ende eines Satzes weiß man garantiert nicht mehr, wie dieser Satz begonnen hat. Er übrigens auch nicht.

Dann kommt ein Volksschullehrer. Der ist fast noch besser. Er erklärt, was die beiden anderen schon vor ihm erklärt haben, nur derart fad, dass man gegen den Schlaf zu kämpfen hat. Nach den letzten Erkenntnissen der Lernforschung speichert man im Halbschlaf neue Informationen am besten ab. Voll super.

Und dann der letzte. Ein wilder Hund. Einer, der den Begriff „Frontalunterricht“ nicht nur kennt, sondern auch lebt. Der bringt zwar kaum den Mund auf, wenn er redet, aber was er sagt, ist markerschütternd. Er zählt alle Strafen auf, die man ausfasst, wenn man den Lernstoff nicht auswendig aufsagen kann, wenn man um 3 Uhr nachts von der Polizei aufgegriffen wird. Glauben Sie mir, das merkt sich jeder.

Natürlich gibt es für jeden, der in diesem Kurs auch zwischen den Zeilen hören kann, eine Reihe von Fragen, die unbeantwortet bleiben. Warum wird der Lockdown erst jetzt ausgerufen und wer profitiert davon? Ist das Wort „Diktatur“, das völlig zusammenhanglos mitten im Unterricht fällt, ein vereinbartes Zeichen an Diktaturen, den österreichischen Lockdown in einem gewaltsamen Knockdown enden zu lassen? Warum wird eine „Ausgangsbeschränkung“ als „Ausgangssperre“ bezeichnet und welche Medien hat man sich dafür gefügig gemacht? Wie soll es sich ausgehen, dass Betriebe 80% des vorjährigen Novemberumsatzes ausgezahlt bekommen oder soll das Geld in andere oder gar keine Hände fließen?

Das alles ist natürlich gar nichts gegen die Hexenjagd in den USA, die die Demokraten „Wahlen“ nennen. Viel schlimmer als die Hexenjagden im Mittelalter. Da die USA ja kein Mittelalter hatten, verweisen namhafte Historiker darauf, dass es einen nicht aufgearbeiteten Nachholbedarf der Bevölkerung an solchen öffentlichen Schauprozessen gibt.

Am 3. November geht es darum, ob eine der übelsten Hexen aus ihrem großen, weißen Haus gejagt wird. Stimmt natürlich alles nicht. Die Hexe ist keine Hexe, ihre Steuerhinterziehung ist keine Steuerhinterziehung, ihr Rassismus ist kleiner als der von Mutter Theresa, sie liebt die Demonstranten von „Black Lives Matter“, sie hat ein mexikanisches Kind adoptiert, sie hasst die Polizei, sie will Waffen in privaten Haushalten verbieten, sie freut sich auf die gleichgeschlechtliche, goldene Hochzeit mit Melania, sie möchte sich in einen Tanzkurs mit Kamala Harris einschreiben und sie versucht tagtäglich, gewaltbereite Anhänger, die es ohnehin nur in einer verschwindenden Anzahl gibt, zu beruhigen.

Immer diese Verschwörungstheoretiker.

Das nächste Mal lese ich zuerst alles über die US-Wahl und schreibe nur, wenn irgendwas nicht geschrieben wurde oder wenn bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen. Sei es, wie es sei: die Loge 17 ist geschlossen.

Ich weiß! Moria!

Ihr Harry Bergmann


Harry Bergmann. Früher der Nachname von Demner, Merlicek & Bergmann. Jetzt einfach Bergmann. Weiß nach 4 Jahrzehnten ganz genau, was er alles über Werbung noch immer nicht weiß. Hobby-Schreiber. Da weiß er noch viel weniger und findet das gerade deshalb so spannend. Lebt in Wien und Herzlia/Israel.


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