Fisch Ahoi, Teil 12 – Fischjadestäbchen

FLORIAN HOLZER | 21.03.2019

Sprechen wir über Fischstäbchen. Fischstäbchen sind das absolute Erfolgsmodell der Fischerei-Industrie. Mit den Fischstäbchen, erfunden 1955 in Großbritannien, seit 1960 auch in Österreichs Tiefkühl-Regalen, gelang es der Industrie, den Leuten vorzumachen, dass Fisch quaderförmig ist, grätenfrei, keine Augen, Innereien und Flossen hat und von einem freundlichen Seemann mit weißem Bart, der ein bisschen so aussieht wie der liebe Gott, bei strahlendem Sonnenschein trocken und knusprig aus dem Meer geholt wird. Lächerlich? Nein, überhaupt nicht lächerlich, sondern das perfekte Beispiel von Designerfood und von gezielter Desinformation durch die Lebensmittelindustrie, die ihre Kundschaft nach jetzt drei Generationen aufwändigem Marketing dort hat, wo sie sie haben will: in der völligen Ahnungslosigkeit.

Fischstäbchen sind das erfolgreichste TK-Produkt, das es gibt, jährlich werden allein in Bremerhaven knapp drei Milliarden Stück nur für den deutschen und österreichischen Markt hergestellt. Das Interessante dabei: Fischstäbchen sind so erfolgreich, dass die Natur da nicht mehr mitkommt. Weshalb im Laufe der Jahre immer wieder andere Fische verstäbt werden mussten – immer das, was am meisten da und am billigsten war. Tatsächlich begann es 1955 mit Hering, heute kaum mehr vorstellbar, im Laufe der Jahre kamen dann der Kabeljau, als der immer teurer wurde, andere Fische mit weißem Fleisch wie der Köhler („Seelachs“, keine Verwandtschaft mit Lachs), pazifischer Pollack („Alaska-Seelachs“, ebenso kein Lachs) oder Seehecht, mittlerweile werden sie sogar schon aus Pangasius (ein Süßwasser-Fisch aus SO-Asien) gemacht. Eh wurscht, weil das Fleisch muss weiß sein und die Panier goldbraun und knusprig. Fischstäbchen sind in jedem Aspekt ihrer Gesamtheit der Inbegriff des Wahnsinns, den die Menschheit seit 60 Jahren mit den Meeresfischen aufführt.

Das konnten wir also nicht unbearbeitet lassen und machten auch Fischstäbchen. Nowak entschloss sich schon früh für die radikal-nachhaltige Version, nämlich die übrig gebliebenen Bio-Saiblinge unserer Saiblings-Dosen-Aktion mit Haut und Haar durch den Fleischwolf zu jagen, in eine Form zu füllen, einzufrieren, in Riegel zu schneiden und die dann zu panieren; was gar nicht schlecht gelang, muss man sagen, nur die – aus den pürierten Fischköpfen resultierende – graue Farbe war halt ein bisserl abtörnend und kostete Punkte.

Ich entschied mich ebenfalls schon früh, und zwar, als klar war, dass wir bei Lukas Nagl am Traunsee eine Aalrutte bekommen könnten. Die Aalrutte ist ein fantastischer Fisch, zwar nicht besonders schön und außerdem als „Laichräuber“ verschrien (was allerdings pure Propaganda ist, denn Laich wird von fast allen Raubfischen im Süßwasser gefressen; Saibling und Forelle wurde von den Fischereiverbänden gegenüber der Aalrutte einfach der Vorrang eingeräumt), aber halt der einzige Süßwasser-Dorsch, den es gibt. Das heißt, die Aalrutte hat ein ähnlich schön strukturiertes, schneeweißes Fleisch wie der Kabeljau und war damit meine Wahl. Ich filetierte, panierte in Brioche-Bröseln und war mit meinen Gourmet-Süßwasserfischstäbchen sehr zufrieden.

 (alle Fotos: Hanna Gassner)

Der Pertramer war anfangs ein wenig ratlos, wie er sein Fischstäbchen-Programm aufziehen sollte, ich erklärte ihm, wie die Industrie es macht (Filets übereinanderlegen, schockfrosten, in Form schneiden), und daran orientierte er sich dann. Er nahm Forellenfilets, schnitt sie klein (was nicht notwendig gewesen wäre, aber okay, versucht das dem Pertramer einmal klar zu machen, wenn er von einer Idee überzeugt ist …), füllte sie in eine Form und ging dann weiter so vor wie schon der Nowak. Und man muss sagen: Das funktionierte super, eigentlich perfekt. Die Stäbchen waren weiß, fleischig, fest, hatten das richtige Format und ließen den forelligen Ursprung zwar noch erkennen, aber halt ganz schwach. Wir entschieden uns, dass er den Contest gewonnen hat und er ist bis heute sehr, sehr stolz darauf.