Fisch Ahoi, Teil 7 – Ein Fisch namens Russnase oder das Steckerlfisch-Paradoxon

FLORIAN HOLZER | 04.03.2019

Forelle kennt jeder. Saibling auch. Karpfen vielleicht/wahrscheinlich auch, Hecht, Schleie, Reinanke, Huchen auch zumindest jene, die gerne mal Fisch essen oder fangen. Aber die Russnase kennt niemand. Dabei ist dieser Karpfen-Artige nicht nur ein schöner Fisch, der auch ein erstaunliches Format erreicht und ordentlich Fleisch auf den Gräten hat, er gibt ihn offenbar auch recht häufig. Zumindest gab es ihn an diesem frühen Morgen, als wir da mit den Hubers ( www.finestfish.at)auf ihrem schnittigen Boot auf den Attersee rausfuhren, um insgesamt einen Kilometer Netz reinzuholen, massenhaft. Ich mein’, als wir das Netz mit den Russnasen reinholten, war das fast wie im Film, also nicht im „Fisch Ahoi“-Film, sondern im Hollywood-Film, da war alle Meter so eine fette Russnase drin, wir bekamen die Fisch-Kühlbox echt richtig voll, über 30 Stück!

Jetzt ist es ja so, dass die Hubers eben nicht nur die „edlen“ Fische fangen, die sich leicht verkaufen lassen, und die anderen, die „uninteressanten“ wieder ins Wasser werfen, wo sie dann verenden, wie das im Fischerei-Business durchaus üblich ist. In ihrem Nachhaltigkeitsmodell fischen sie auch das Rotauge und die Russnase, und machen dann halt was draus. Fisch-Faschiertes oder sauer marinierte Fische oder so.

Dass wir Weißfische fangen würden, haben wir eh gehofft, wir haben uns nur ein etwas anderes Format erwartet. Wir dachten, die grätenreichen Fischerln, die wir reichlich aus dem Atter ziehen würden, wären klein und bunt und wir könnten sie in Salz einlegen, um sie nach Alici-Art über drei Monate reif und mürbe werden zu lassen. Aber die Russnase, die wir fingen, war nicht klein und erinnerte nicht im geringsten an eine Sardelle. Wir mussten also umdisponieren und beschlossen, aus dem Fisch eine Fischsauce herzustellen, und zwar, indem wir die Fische nur marginal ausnahmen, in Stücke schnitten und mit Haut und Haar und wahnsinnig viel Salz in zwei eher absurde Glasbehältnisse aus Nowaks historischen Beständen füllten, die wir dann in die Sonne stellten. Der Plan dahinter war: Das Salz laugt die Flüssigkeit aus den Fischen, die dann fermentiert und eine köstlich-salzige Fischsauce ergibt.

Nowak war skeptisch, weil er meinte, das würde vergammeln und wir würden sterben, wenn wir das Zeug nur ansehen, Pertramer war hysterisch, weil er meinte, er habe noch nie Fischsauce gegessen/gemacht/gesehen (weiß ich jetzt nimmer so genau …), ich rief den Lukas Nagl an, Chefkoch vom Restaurant Das Bootshaus am Traunsee ( www.dastraunsee.at), dem besten Fisch-Restaurant des Landes, weil der hatte schon einmal Fischsauce gemacht. Und das, was er sagte, war: Manchmal klappt’s, manchmal nicht. Und er sagte, dass wir Bio-Zucker zusetzen sollten, vong der Fermentation her. Haben wir blöderweise vergessen. Aber es sah auf jeden Fall toll aus.

 vorher …   und nach ein paar Tagen. Sah schon richtig ein bisschen nach Fischsauce aus …

Ah ja, und dann machten wir Steckerlfisch. Aus den Russnasen. Auf Steckerln, die ich spitz zuschnitt, und über Holzkohlenglut. Die waren so irrwitzig gut, dass man sich’s gar nicht vorstellen kann. Und jetzt die Frage ans Publikum: Aus welchem Fisch wird Steckerlfisch sonst so gemacht in Österreich? Richtig, aus der Makrele! Und stammt die Makrele aus den Seen und Flüssen, neben denen sich die Steckerlfisch-Buden befinden? Hm? Na? Nein, natürlich nicht, die Makrele stammt aus dem Meer, genau, und das ist weit entfernt und die Fische werden tiefgefroren angeliefert und die Leute ein bisserl verarscht. Okay, sie lassen sich auch ziemlich leicht verarschen …

 vorher …  und fertig. Hmmmm …!

Es gibt tatsächlich einen „richtigen“ Steckerlfisch-Fisch aus dem See, den Riedling aus dem Traunsee, eine Art kleinere Variante der Reinanke. Aber die Standeln, wo man diese „originalen“ Steckerlfische bekommt, kann man an der Hand eines Sägewerk-Mitarbeiters abzählen. Wir haben sie aus der Russnase gemacht, das Fleisch köstlich und zart, die Haut knusprig, die Gräten problemlos (außer beim Steckerlfisch von Regisseur Jakob Kubizek, der offenbar die einzige Rotfeder erwischte, Gräten-technisch verzweifelte und fest davon überzeugt war, wir spielten ihm unsere Russnasen-Steckerlfisch-Begeisterung nur vor …). Ich hätte jetzt gerne wieder so einen Russnasen-Steckerlfisch …