Fisch Ahoi, Teil 6 – Wer den Roten Wurli nicht kennt, kennt gar nichts

FLORIAN HOLZER | 04.03.2019

Wir haben dann da also wirklich viel Fisch gefangen. Beim Fischen mit dem Netz von Uli und Manfred Huber (http://www.finestfish.at) ist das nämlich so, dass man da zieht und zieht, und Asterln und Algen und sonst noch was aus den Maschen klaubt, und dann sieht man in der Dunkelheit des tiefen Wassers den ersten Fisch aufblitzen und freut sich wie zu Weihnachten, holt das Tier an Bord, schlägt es ab, klaubt es (mühselig) aus dem Netz und zieht weiter. Und wenn man dann – sagen wir mal – drei Hechte im Netz hatte, denkt man so bei sich, dass drei Hechte eigentlich eh super sind, und dass jetzt nicht mehr unbedingt einer kommen müsste. Und dass das Netz eigentlich auch schon bald aufhören könnte, weil die Hand schon ein wenig taub und der Rücken weh und …

Das ist der Moment, wo dann noch mindestens drei Hechte drin sind und das Netz außerdem auch noch 140 Meter weit geht.

Apropos Hecht: Diesen eh eindrucksvollen Fisch kann man nicht, wie alle anderen Fische, hinter den Kiemen nehmen, weil dort hat der auch so eine Art Zähne, Dornen, was weiß ich, man tut sich jedenfalls weh. Nein, den Hecht muss man in den – Achtung! – Augen nehmen. IN DEN AUGEN! Ich hab gedacht, das schaff’ ich nie im Leben, aber man schafft das dann doch. Vielleicht, weil die Finger eh schon taub sind und es ja außerdem immer noch lange nicht 8 Uhr Früh ist.

Mit dem Hecht hatten wir übrigens ein kleines Problem: Wir wussten nicht so recht, was wir mit ihm machen sollen, also welche Fisch-Konserve. Und ich kam dann auf eine vermeintlich eher blöde Idee, nämlich mit Hecht einen Gabelbissen zu machen.

Gabelbissen, gibt’s das überhaupt noch? Na und ob. Das Gabelbissen-Business ist stabil, erklärte mir der nette Mann bei Wojnar (https://www.wojnar.at/so-schmeckts/jause-und-snacks/gabelbissen/) in Wien-Inzersdorf, wo ich um eine Schachtel mit Gabelbissen-Schüsserln bat und sie auch bekam. Tatsächlich findet sich der „Original Wiener Gabelbissen“ in jedem Supermarkt, was darauf schließen lässt, dass die Leute dieses Konstrukt aus Mayonnaise, Aspik und ein bisserl Hering oder Schinken tatsächlich essen. Ich hab allerdings noch nie jemanden dabei gesehen.

Und war das Kopfschütteln bei Nowak und Pertramer schon enorm, als ich den Gabelbissen für die Hecht-Verwertung vorschlug, was war da erst los, als ich eine der wichtigsten Zutaten des Original Wiener Gabelbissens ins Treffen führte: den roten Wurli.

Groß war das Geschrei bei Pertramer, was das sein soll, dass er davon noch nie gehört habe, es daher nicht existiere. Ich bekam leider null Unterstützung von irgendwem aus dem Team, was mich doch ein wenig verzagte, wo in meiner Jugend unter meinen Kumpels der „Rote Wurli“ doch allgegenwärtig war. Regisseur Jakob Kubizek reagierte zumindest empirisch, nämlich indem er sich im Netz auf die Suche nach „Roter Wurli“ machte. Und tatsächlich einen alten Standard-Artikel darüber fand, was mir einen Stein vom Herzen fallen und mich nicht wie einen Idioten da stehen ließ ( https://derstandard.at/1778364/Noch-Garnitur-oder-schon-Salat). Blöderweise stammte, wie sich herausstellte, der Artikel von mir selbst, was als Beweis dann leider nicht akzeptiert wurde.

(das Bild zeigt leider einen Gabelbissen ohne jede Garnierung, sorry …)

Aber wurscht, ich schmorte in Streifen geschnittenen Paprika in saurem Weißwein, was erstklassigen Roten Wurli ergab; wir legten die in Stücke geschnittenen Hecht-Filets in Essig ein; Nowak machte Mayonnaise, die ihm sogar gelang, wir vermischten sie mit grünen Erbsen und geschmorten Karöttchen; wir holten den Fisch viel früher aus der Marinade, als es gebraucht hätte, um die elenden Gräten, die der Hecht mitten in seinem Fleisch stecken hat, weich zu bekommen, aber Drehplan ist Drehplan; und wir versuchten schließlich ein Aspik aus Hecht-Suppe und Gelatine-Blättern zu machen. Was eine gute Idee war, blöderweise hatte noch niemand von uns drei jemals Aspik gemacht, na ja … Es gelang dann eh. Und die Gabelbissen wurden echt super. Der Umstand, dass es sich beim Wiener Gabelbissen nicht gerade um eine Dauer-Konserve handelte, war egal, nach wenigen Tagen waren die Bestände vom 16jährigen „Prinz“ Nowak vertilgt.