Fisch Ahoi, Teil 2 – Jonas und der Wal(ler)

FLORIAN HOLZER | 20.02.2019

Helmut Schwarz, einer der letzten Berufsfischer am Neusiedlersee, versprach uns, dass wir im April mit einem ordentlich fetten Waller rechnen könnten. Und einen ordentlich fetten Waller brauchen wir, um die archetypische Fisch-Konserve nachbauen zu können: die Thunfisch-Dose. 

Wir – Künstler Thomas Nowak, Fotograf Ingo Pertramer, unsere Regisseure Jakob Kubicek und Billy Sihorsch und ich – überlegten uns, mit welchem Fisch man das „Thunfisch-Erlebnis“ am ehesten nachhaltig und Binnenfischerei-mäßig nachempfinden könnte, also ein Fisch, dessen Muskulatur ordentlich Konsistenz aufweist, gut schmeckt und vor allem große, „fleischige“ Stücke hergibt. Und nachdem uns der Helmut Schwarz aus Oggau sagte, dass es da Waller in der Größe von bis zu 25 Kilo gäbe und die auch gar keine Seltenheit sind, fuhren wir nach Oggau, um Fisch zu holen. Dazu muss man sagen, dass der Helmut Schwarz seine schnittigen Fischerboote aus Fiberglas selber baut, und zwar so, dass sie ihn, seine Netze und einen im Idealfall großen Fang tragen können. Nicht aber ihn, Netze, Fang und dann noch drei Amateure mit hoher Tendenz dazu, ins Wasser zu fallen. 

Er nahm uns aber trotzdem mit. Seine beiden Cousins, die übrigens beide Franz heißen, nahmen die Kameraleute und die Regisseure mit. Es ging zum Glück nur wenig Wind, wir wurden nur ein bisschen nass, nur ein bisschen sehr dreckig (Schlamm!) und sind jedenfalls nicht über Bord gegangen. 

Und wir fuhren zu einer Reuse, wo dann tatsächlich ein Waller drin war, neun Kilo zwar nur, aber neun Kilo lebendiger, wehrhafter Fisch mit etwa 20 Zentimeter Maul, an jeder Seite davon unheimliche Fühler („Barteln“), winzigen, bösen Augen und einer bemerkenswert glitschigen Haut ist auch schon ganz schön eine Action. Vor allem, wenn man ihn von einer Netz-Falle im undurchsichtigen Wasser des Neusiedler Sees in ein wackeliges Boot holen muss, auf dem nur einer von vier weiß, wie man sich da drauf sicher zu bewegen hat. Haben wir geschafft, waren wir sehr aufgeregt, dann fuhren wir zu einer anderen Reuse, da waren Aale drin, und Aale, nun ja, Aale sind echt ein eigenes Kapitel. 

Aale schauen nämlich nicht nur ziemlich ähnlich wie Schlangen aus und verhalten sich auch so. Aale sind auch noch einmal schleimiger als Waller. Und vor allem: Aale sterben nicht. Seit 2004 werden keine dieser Schlangen-Fische mehr im Neusiedler See ausgesetzt (natürlich kämen sie dort nämlich nie hin, waren in den 70ern und 80ern aber sehr modern und wurden daher angesiedelt), es gibt sie aber immer noch. Und nicht nur das: Auch wenn man einen im Netz hat, wird die Tötung schwierig. Dem Waller machte Pertramer den Garaus, indem er ihm mit schon irgendwie beängstigender Inbrunst auf den Schädel schlug. Beim Aal hilft das nichts, weil sich sein Nervensystem über das gesamte Rückgrat verteilt, ein Aal lebt auch noch, wenn man ihm den Kopf abschlägt. Starkstrom wäre noch eine Möglichkeit, hatten wir aber nicht, weshalb wir die gefangenen Aale so töteten, wie man das am Neusiedler See (und in Fischereien generell) eben macht: mit Salz. Dadurch löst sich der Schleim, gerät den Fischen in die Kiemen und sie erstjcken. Das dauert und das ist nicht schön anzusehen. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich im Leben bisher nur wenig Schrecklicheres gesehen habe. 

Dazu kommt übrigens noch, dass der Aal ätzendes Blut hat und man beim Ausnehmen aufpassen muss, dass es einem nicht ins Auge oder in offene Wunden gerät. Ich hab eigentlich eh aufgepasst, aber irgendwie tun mir seit gestern die Hände so komisch weh …