Mein alter Freund, der GSF

FLORIAN HOLZER | 08.01.2017

21 Jahre sind eine lange Zeit. 21 Jahre sind eine lange Zeit, in der einem etwas schon ganz schön ans Herz wachsen kann. Noch dazu, wenn dieses etwas so entscheidend wichtig ist.

Mein Geschirrspüler nämlich. Der wird heuer 21 Jahre alt. Das liegt weit über der durchschnittlichen Lebensdauer von zwölf Jahren und noch einmal über der zu erhoffenden Lebenserwartung eines sehr hochwertigen Gerätes, wie ich gerade auf einer Geschirrspüler-Informationsseite las. 1996, ich war jung und enthusiastisch, wurde meine erste Küche geplant, ich investierte alles Geld, das ich hatte (also wenig), vier Jahre später übersiedelte die Küche in die nächste Wohnung, der Geschirrspüler mit ihr. Mein erster, eigener Geschirrspüler, und ich hab ihn jetzt immer noch. Der Plastik-Fülltrichter (ich wusste bis eben nicht, wie das Teil heißt, sah aber gerade auf der Online-Ersatzteilliste nach) des oberen Fachs brach schon vor langer Zeit, aber wenn man sie richtig aufsetzt und darauf achtet, dass sich kein Geschirr anlehnt, tut sie immer noch ihre Arbeit. Hin und wieder fällt sie trotzdem um und liegt dann da im Spüler herum. Die Putzfrau weiß dann meistens nicht genau, was mit dem Ding anfangen und verstaut es irgendwo bei anderen exotischen Küchengeräten; oder halt dort, wo ich sie sicher erst nach eineinhalb Stunden bangen Suchens finde.

Die beiden Drahtkörbe rosten auch schon an einigen Stellen und bilden dort scharfe Kanten, aber nach 21 Jahren gemeinsamen Lebens sollte man eigentlich eh wissen, wo man sich besser nicht berührt. Irgendwann riss auch die Feder, die den Fall der Öffnungsklappe bremst. Das ist tückisch, denn jeder nach vorne zu öffnende Geschirrspüler der Welt hat so eine Feder, und jeder Mensch, der schon mal einen Geschirrspüler öffnete, rechnet unbewusst mit Existenz und Wirkung dieser Feder. Und ja, a sauste die Klappe halt schon das eine oder andere Mal mit Karacho herunter, mit einer Wucht, für die das Gerät übrigens auch nicht so wirklich ausgelegt ist. Da hat sich dann irgendwann einmal ein bisschen was verzogen, seither muss man die Klappe beim Schließen etwas fester zudrücken. Das ist aber auch schon seit mehr als 15 Jahren so, ich kenn’ es quasi nicht anders.

Unlängst brach die graue Plastikabdeckung des Drehschalters ab (das Ersatzteil würde 36 Euro kosten und mindestens eine Arbeitsstunde plus Anfahrtspauschale) und überladen darf man den GSF jetzt halt nicht mehr. Das nimmt er einem nämlich übel, zeigt seinen Zorn und schafft es irgendwie, dass sämtliches Geschirr nach dem Waschen dreckiger ist als vorher. Auch in den Ecken mag er’s nicht mehr so gern, passt, denn wenn man von einem Gerät ausgeht, das in Menschenjahren gerechnet 141 Jahre alt ist, darf man erstens durchaus einen eigensinnigen Charakter haben und muss auch nicht mehr in allen Ecken gleich gut spülen, nicht wahr?

Ob das mit dem hohen Alter des GSF 3152 S zu tun hat und mit einer deshalb vielleicht schon etwas metaphysischen Grundtendenz, aber in letzter Zeit höre ich da beim Spülen so ein eigenartiges, leises Grundgeräusch hinter dem Gurgeln, Pumpen, Spülen und Brummen. Es erinnert ein bisschen an Engelschöre. Ich finde das rührend und besinnlich. Und es erinnert mich daran, dass der GSF vielleicht nicht ewig leben wird …