Ich hab’ jetzt eine Sendung.

FLORIAN HOLZER | 01.05.2016

Seit vorigem Freitag hab ich jetzt eine kleine Fernseh-Sendung. Die heißt „Hat’s g’schmeckt“ und läuft auf W24 (www.w24.at/Hats-Gschmeckt.Die-Sendung).

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Das wirft jetzt natürlich ein paar Fragen auf. Etwa, ob anonym Lokale testen denn jetzt noch möglich ist. Weiß ich nicht, wird man sehen, aber nachdem mein Foto (wenngleich dramatisch fotogeshoppt) jetzt schon seit über elf Jahren über meiner Lokalkritik im Kurier prangt und ich sogar noch öfter auf der Straße angesprochen wurde, ob ich der Holzer bin, weil ich würde dieser Karikatur im Falter neben der Beislkritik so ähnlich schauen, glaub ich nicht, dass sich ja jetzt dramatisch etwas ändern würde. Aber urban legends betreffend Anonymität von Lokalkritikern sind eh ein eigenes Thema und werden hier beizeiten behandelt werden.

Andere Frage: Lokal-Berichterstattung und Fernsehen – geht das? Ich muss ehrlich gestanden sagen, ich dachte die längste Zeit, dass das nicht funktionieren kann. Ich hab mir seit etwa 25 Jahren den Kopf zerbrochen, wie man das Thema Beislkritik auf den Schirm bringen könnte, und das, was mir dazu einfiel, war immer eher ein Blödsinn. Denn erstens ändert eine Fernsehkamera alles – die Atmosphäre im Lokal, das Verhalten von Publikum und Wirten, einfach alles. Zweitens brauchst du eine Dreh-Genehmigung, das ist der entscheidende Nachteil zum schreibenden Beislkritiker. Schreiben kann ich, worüber ich will, mit Fernseh-Aufnahmen sieht das anders aus.

Umso erstaunter war ich, als mir Matti Bunzl, der neue Direktor des Wien-Museums, vor einem Jahr von einem Format erzählte, das im öffentlichen Fernsehen von Chicago zu den erfolgreichsten Sendungen überhaupt gehört, seit ihrem Start 2001 mehrere Emmys bekam und inzwischen fünf Spin-offs in den ganzen USA hat (das ist mehr als CSI, wenn mich nicht alles täuscht). Die Sendung heißt „Check, please“ (im Amerikanischen eine doppelte Bedeutung, etwa „die Rechnung, bitte“ und „Überprüfen, bitte“, checkplease.wttw.com) und funktioniert so unglaublich einfach, dass man’s gar nicht für möglich hält: Ein Host, drei Studiogäste, völlig normale Menschen, die in der Sendung von ihrem Lieblingslokal erzählen (Es gibt übrigens auch eine Folge aus dem Jahr 2001, in der Barack Obama, damals noch unbekannter Bezirkspolitiker, über sein Lieblingslokal erzählt, die taucht mittlerweile als erster Treffer auf, wenn man bei Youtube nach „check, please“ sucht, checkplease.wttw.com/restaurants/dixie-kitchen-barack-obama-special-closed). Der Gag dabei: Jeder Studiogast besucht im Vorfeld der Sendung auch die Lieblingslokale der anderen beiden Studiogäste – mit einiger Sicherheit zum ersten Mal, manchmal wohl auch zum letzten Mal, all das wird jedenfalls besprochen.

Es ist ein positives Format, Enthusiasmus soll und kann transportiert werden, niemand soll hier fertig gemacht werden, Kritik und Subjektivität sind aber absolut gefragt. Genauso ist das bei uns übrigens auch. Das Wienmuseum und ich fragten also bei W24 nach, ob die als Stadt-Fernsehen das gerne machen würden, und sie wollten gerne. Super! Dann fragte Matti Bunzl vergangenen Herbst bei „Check, please“-Erfinder David Manilow an, ob wir das Format vielleicht für Wien adaptieren dürfen, auch Manilow fand das super, kam anlässlich des Drehs des Piloten im Oktober sogar nach Wien (ja, das Foto ist unscharf, und einen vollen Mund hat er auch gerade …).

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Auf den Titel „Hat’s g’schmeckt“ kam bei einem Brainstorm aller Wahrscheinlichkeit nach Martina Klauser, Facility-Managerin im Wien-Museum, das weiß ich aber leider nimmer so genau,  der ist jedenfalls großartig, find ich, phonetisch dem Original ziemlich ähnlich, und auch ein bisserl doppeldeutig …

Hat’s g’schmeckt ist absolut demokratisch: Jeder, der nicht unbedingt ein Haberer von mir ist (weil das schaut blöd aus) oder selber Wirt, kann sein Lieblings-Lokal präsentieren und erklären, warum er/sie es super findet. Klar steuere ich, wähle ich aus, nehme nur Lokale, die ich auch super, oder zumindest in gewisser Hinsicht interessant finde. Wir achten auch darauf, dass die Mischung stimmt – zwischen Wiener Küche, Ethno- und Szene-Lokalen, zwischen Innenstadt und Außenbezirken, zwischen Männern und Frauen. Ist halt Fernsehen, da sind solche Sachen wichtig. Und die beiden „Test-Essen“, die jeder unserer Studiogäste im Vorfeld der Sendung absolvieren muss, zahlt übrigens der Sender. Wenn das kein Anreiz ist, sich bei uns zu melden (www.w24.at/Hats-Gschmeckt.Anmeldung), was dann …?