A’dam, ik hou van je, Teil 2

FLORIAN HOLZER | 27.04.2016

Ein besonderes Phänomen in Amsterdam sind die so genannten „Bruine Cafés“, die braunen Cafés. Die sind auch sehr traditionell, haben – wie es scheint – aber im Gegensatz zu den Herings-Standeln überhaupt kein Existenz-Problem. Nein, bei den braunen Cafés handelt es sich nicht um Coffeeshops, und auch nicht um politisch irgendwie definierte Lokale, sondern um die ganz spezielle Ausformung des Amsterdamer Eck-Beisls.

Reise-Schriftsteller und Touristen-Guides neigen seit jeher, der Authentizität dieser Lokale zu huldigen, ich entdeckte den Reiz der Braunen recht spät, muss ich gestehen, ich fand die hippen Szenehütten immer ein bisschen reizvoller. Aber mit der Zeit kommt offenbar die Weisheit, beziehungsweise der Blick für die wahrhaftigen Dinge, und diese braunen Cafés sind wirklich sehr, sehr wahrhaftig: Es handelt sich dabei um eine Art Pub, zumeist mit braunem, altem Holz verkleidet (daher der Name) und einer dicken Schichte Patina überzogen. Die meisten der braunen Cafés sind unendlich eng und düster, machen das aber durch eine große, gläserne Fassade erträglich. Getrunken wird im braunen Café so ziemlich alles außer Kaffee, vor allem aber Bier. Gegen fünf Uhr am Nachmittag ist der Bär los, weil da scheint so ziemlich jeder Amsterdamer in sein Stamm-Braunes auf ein, zwei oder drei Amstel-Pilsner zu gehen, ja, es soll schon vorgekommen sein, dass man im einem bruinen Café betrunkene Menschen sah.

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Aber irgendwie – klingt nach Klischee, ich weiß – scheinen die Leute hier besonders echt zu sein und haben da auch überhaupt kein Problem, einen an ihrer Echtheit teilhaben zu lassen. In einem „wirklichen“ braunen Café nicht ins Gespräch zu kommen, ist eher ungewöhnlich.

Braune Cafés gibt es in der ganzen Stadt, ein paar besonders schöne Exemplare reihen sich aber entlang der Prinsengracht zwischen Wester- und Noorderkerk, vielleicht wegen der Nähe zum Jordaan, dem ehemaligen Armen- und Arbeiterviertel mit seinen engen Gasserln, das vor gut 15 Jahren gentrifiziert und hipp wurde. Hier ist das Holz wirklich alt, hier sind die Böden wirklich schief, hier kleben die Delfter Fliesen mitunter wirklich schon seit 300 Jahren an den Wänden, nicht so wie in den Touri-Brauncafé-Pseudopubs im Rotlichtviertel, wo das halt doch alles eher Kulisse ist.

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Het Papeneiland, zum Beispiel, wahnsinnig schön, zweigeschoßige Glasfassade, knarrende Treppen, enge Bankerln und ein Zapfhahn, der nie zur Ruhe kommt (www.papeneiland.nl).

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Oder das Café Hegeraad (siehe oben), wahrscheinlich so alt wie das Haus, in dem es sich befindet, und das ist so alt wie die Norderkerk gleich davor, nämlich aus dem Jahr 1620. Bester Platz: das Bankerl gleich neben der Eingangstüre, bestes Getränk: alter Genever.

Oder natürlich t’Smalle (www.t-smalle.nl), ein absolutes Prachtstück eines braunen Cafés, mit seinen alten Glasfenstern und den Holzfässern der Ausdruck geballten Liebreizes, die kleinen Terrassen direkt an der Elegantiersgracht – ab dem ersten Sonnenschein rammelvoll – sind ein Lieblingsmotiv jedes Amsterdam-Guides.

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Oder das Café de Eland, Ecke Elandsgracht/Prinsengracht, schon eher eine Hardcore-Bude, ein bisserl windschief, aber unglaublich urig und gemütlich, da trinkt sich das Bier irgendwie fast von alleine. Was sich da in den Containern am Foto befindet? Na das Bier, für eine aufwändige Schankanlage reichte offenbar der Platz nicht.

Das braune Café ist jedenfalls eine Kategorie Lokal, das bei uns in Wien außer den wenigen, letzten, „echten“ und ebenfalls „braunen“ Beisln quasi keine Entsprechung hat. Schade eigentlich.