A’dam, ik hou van je

FLORIAN HOLZER | 25.04.2016

Ich war vor ungefähr zwanzig Jahren das erste Mal in Amsterdam. Die Stadt begann damals gerade, ein bisschen cool zu werden, im Jordaan und westlichen Grachtengürtel machten die ersten lässigen Cafés und Lokale auf, es gab nicht mehr überall nur Bitterballen und Erbs-Kroketten, sondern auch schon ein bisschen coole Salate und Welt-Küche, die indonesischen Restaurants waren zwar definitiv der beste Ort, um gut zu essen, aber nicht mehr der einzige. Bei jedem Sonnenschein stellten die Amsterdamer einen Sessel vor die Türe und ließen den Tag schön sein, „that’s the end of calvinism“, meinte ein Mann, der vom Anwalt zum Möbelrestaurator konvertierte, damals dazu.

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Zwanzig Jahre hat sich Amsterdam einigermaßen in diese Richtung weiter entwickelt. Essen und Trinken ist hier gerade zum absolut zentralen gesellschaftlichen Ereignis geworden, wie’s scheint. Indonesisch isst man hier nach wie vor umwerfend gut (etwa im Long Pura, siehe Foto oben, www.restaurant-longpura.com) Kein großes, neues Haus wird mehr errichtet, ohne ein spektakuläres Café oder Restaurant reinzupflanzen – und es wurden/werden gerade sehr viele neue, große Häuser gebaut (besonders markant: das Panorama-Café EYE im neuen Film-Museum, www.eyefilm.nl, oder das Stork in einer riesigen Fabrikshalle, ebenfalls am drüberen Ufer des IJ, restaurantstork.nl).

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Das ist einerseits toll, weil die Fülle des Angebots wirklich fantastisch ist, in der Haarlemmerstraat reihen sich die kleinen Boutique-Restaurants so ziemlich aller denkbarer Ethno-Küchen in einer Dichte aneinander wie sonst nur in der Bowery in East Village/NY. Indonesisch essen kann man hier noch immer wahnsinnig gut, und wahrscheinlich sogar besser als noch vor zwanzig Jahren.

Festzustellen ist aber halt auch – ein Phänomen, mit dem Amsterdam nicht alleine steht – eine gewisse Austauschbarkeit, eine globalisierte Szeneküchen-Nivellierung: Pizza und Burger sowieso allenthalben, die lässigen Szenelokale machen ihre Designer-Clubsandwiches und Sauerteigbrote mit Wildkräutersalaten, Süßkartoffel an allen Ecken und Enden. Wie in Berlin, London, Kopenhagen und Antwerpen.

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Und noch schlimmer: Die regionalen Besonderheiten verschwinden. Ich hab in vier Tagen Amsterdam und auf vielen Kilometern mit einem klapprigen Fahrrad nur mehr zwei Fisch-Buden gesehen. Stubbe am Nieuwendijk, Frens Haringhandel (www.frens-haring.nl) auf der Königsplein beim Blumenmarkt und dann noch einen eher jämmerlichen beim Bauernmarkt am Nieuwmarkt im Rotlichtviertel. Das ist eine Katastrophe, denn der zart gesalzene Hering mit Zwiebel und Gurkerl, pur oder im Weckerl, ist so ziemlich der beste Snack, den man sich vorstellen kann, der holländischste noch dazu. Esset zart gesalzenen, fermentierten, wie Butter auf der Zunge zergehenden Hering, wenn ihr nach Amsterdam kommt. In den scheiß Coffeeshop könnt ihr dann immer noch gehen, aber nachher werdet ihr Frens oder Stubbe nicht mehr finden, befürchte ich.