Soll man das Martinigansl verurteilen, nur weil es im November alle essen, essen wollen? Soll man das Vanillekipferl dissen, weil es im Advent epidemisch auftritt und das alle gut finden? Soll man angewidert den Kopf schütteln, wenn 92% aller Österreicher am Gründonnerstag Spinat essen? Ich finde: nein. Denn Mainstream ist dann sympatisch und zu befürworten, wenn er gut schmeckt. Und Spinat schmeckt super.
Warum der Gründonnerstag so heißt, darüber wird seit Jahrhunderten gestritten. Es gibt liturgische Erklärungsversuche, hermeneutische, sprachwissenschaftliche und die Version, dass der Gründonnerstag deshalb so heißt, weil man an ihm grüne Sachen aß, existiert ebenfalls (was mich, ehrlich gestanden, ein wenig wunderte. Ich hielt das für eine Marketing-Aktion der Spinat-Industrie, ähnlich dem Valentinstag als Erfindung der Blumenhändler …).
Dass spätestens am Dienstag vor diesem Donnerstag der Tiefkühlspinat in den Supermarktregalen knapp wird, ist jedenfalls auch irgendwie lustig. Weniger lustig wird es, wenn man die Leute fragt, wie sie glauben, dass Spinat in Wirklichkeit aussehe …
Egal, Mitte März ist die Zeit, in der es die ersten guten Sachen am Markt gibt. Puntarelle aus Italien, Löwenzahnsalat, den Bärlauch kann man sich überall dort, wo Hunde höchstwahrscheinlich nicht hinmachen, selber pflücken, und aus Istrien gibt es schon den dünnen Wildspargel.
Bei mir ist der Gründonnerstag hinsichtlich Koch-Aufwand eine kleine Einstimmung auf Ostern, eine Aufwärmrunde gewissermaßen. Heute gab’s gebähtes Sauerteigbrot mit Salzbutter, Bärlauch und Radieschen, gegrillte Pimientos de Padron (eigentlich nicht sehr frühlingshaft, aber egal: grün), eine Frittata mit wildem Spargel, Bärlauch, Petersil und Frühlingszwiebel und dann den unvermeidlichen Blattspinat, blanchiert, in Butter geschwenkt, mit Spiegelei und geschmolzenem Ziegenkäse. Hat mir alles sowohl gefallen als auch ziemlich gut geschmeckt. Hätte wahnsinnig gern einen Grünen Silvaner oder einen salzigen Vitovska dazu getrunken.
Bald, noch zweimal schlafen.