Es ist ja gerade wieder ein bisschen interessant: Landwirtschaftskammer, Tierzüchter-Vereinigungen und die AMA (Agrarmarkt Austria, die mit dem „AMA-Gütesiegel“, eine Körperschaft, die im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums diverse Qualitätssichernde sowie Marketing-Agenden in der Landwirtschaft durchführt, finanziert unter anderem durch verpflichtende Beiträge der Landwirten) forderten unlängst die Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Geflügel und Eiern in der österreichischen Gastronomie. Der Hintergrund: Die Importe solcher Produkte – sowohl aus landwirtschaftlichen Fabriken in der EU aber etwa bei Hühnern und Eiern eher aus Nicht-EU-Ländern, teilweise sogar China, Argentinien und Mexiko – nahmen in letzter Zeit dramatisch zu. Heimische Produzenten, die etwa aufgrund des Legebatterie-Verbots oder generell etwas strengerer Tierschutz-Richtlinien deutlich teurer produzieren, sind sauer.
Ich bin jetzt wirklich kein großer Freund der AMA-Politik, und wenn die Landwirtschaftskammer etwas verlautbart, ist es mit ziemlicher Sicherheit das Gegenteil dessen, was ich gut finde. Aber da liegen sie ausnahmsweise nicht so falsch. Denn: In Österreich herrscht bei den Gästen gastronomischer Betriebe ziemlich wenig Ahnung, woher das alles stammt, was man da isst. Die Leute knausern zwar um jeden Cent, leisten sich aber luxuriöse Fantasien, dass das Schnitzi vom glücklichen Schweinderl, das Haxerl vom singenden Huhn und das Ei vom steppenden Osterhasen stammt, wie es die Werbung halt zeigt. Klingt hart, aber was kulinarisches Bewusstsein anbelangt, dümpeln wir in Österreich knapp am Analphetismus entlang.
Natürlich wollen Züchter, Kammern und AMA die Kennzeichnung aus Rache, wollen Gastronomen, die ihr 3,70 Euro-Backhendl mit Fleisch aus der Ukraine zubereiten, einen Image-Schaden zufügen, beziehungsweise ihnen damit drohen. Ist natürlich der falsche Zugang, genauso falsch wie der ebenso gellende wie zu erwartende Aufschrei der Empörung bei den anderen Kämmerern, diesmal der Gastronomen, die wieder die große Suder-Trommel anwarfen und beklagten, dass schon die Allergen-Kennzeichnung existenzgefährdend gewesen sei, von der elektronischen Registrierkasse ganz abgesehen.
Gut, da hat das eine mit dem anderen halt gar nichts zu tun, einerseits. Andererseits: Wehrt man sich da echt und ohne Schmäh gegen Transparenz? Österreichische Gastronomie nix Glasnost? Gastronomie bleiben Propaganda? Ich mein, schlau ist das nicht. Der Arbeitsaufwand sei so groß, liest man (www.gast.at/gast/umfrage), ständig das Dazuschreiben, woher die Ware sei. Äh. Quasi alle Gastronomen, bei denen ich gerne und mit Überzeugung essen gehe, haben da gar kein Problem damit. Sind stolz darauf, einen Geflügelzüchter zu haben, der den Hendln noch eigenes Getreide verfüttert; haben Kontakt mit den Bauern oder Schlachthöfen, wissen, wann der Spargel reif ist und wie es den Marillen am Baum geht. Ich mein, deshalb ist man doch Wirten, oder?
Klar, wer im Großmarkt kauft, wem’s wurscht ist, woher das Zeug stammt, wenn’s nur wieder ein bisserl billiger ist, der könnte Stress bekommen, der müsste jetzt auf den Pickerln nachschauen, wo das billige Klumpert gewachsen ist, das er den Leuten vorsetzt. Oder aber auch nicht, denn nur weil ein Hendl aus der Ukraine oder aus Weißrussland ist, muss es ja nicht schlecht sein, im Gegenteil. Bei den Martinigansln funktioniert das ja auch ganz gut, da weiß man ja auch, dass die gemästeten Gänse aus ungarischer Massenproduktion bei den Leuten am besten ankommen, weil sie so „saftig“ sind, nicht so trocken wie diese sportlichen Weidegänse von österreichischen Wiesen. Warum also die Panik?
Ich würde es jedenfalls gerne wissen, woher Fleisch, Geflügel, Eier aber auch Fisch stammen. Nicht nur das, ich würde auch gern ein bisschen mehr über Haltungsbedingungen und Fütterung wissen, würde die Wirten gern danach fragen können, mach ich oft auch, mich interessiert das einfach. Wird anderen wohl auch so gehen, und die, denen es nicht wurscht ist, was sie da oben in ihren Mund werfen, auf dass es Teil ihres Metabolismus werde, werden tendenziell wohl eher mehr als weniger. Lasst euch neue Strategien einfallen, Gastronomen, Glasnost war zwar 80er, aber es war nicht alles schlecht in den 80ern …