Tag 29 von 47. Bisher lief’s ja ganz gut, muss ich sagen. Die Ausbrecher beschränkten sich auf berufliche Recherche, das zwischenzeitliche moralische Tief ist auch überwunden, ich nähere mich dem Ziel, dem Fasten-Nirwana, dem Zeitpunkt, wo dir das Entsagte nicht mehr abgeht. Dieser Mittwoch, der fast 30. Tag der Übung, dürfte jedenfalls der erste sein, an dem mir Leberkäse und Beinschinken nicht mehr abgingen. Und dieser Mittwoch, der fast 30. Tag der Übung, war auch der erste Tag, an dem ich etwas Widerwillen beim Gedanken an ein Glas Wein verspürte. Keine Angst, das bleibt nicht (hoffe ich zumindest). Wundert mich allerdings, dass dieser Zustand der Gelassenheit erst nach vier Wochen eintritt. Verdammt.
Was mir aber auch auffiel, und zwar auch zum ersten Mal (beziehungsweise kann ich mich daran nicht erinnen): permanenter Hunger. Ich mein, ich esse echt nicht wenig, halt viel Gemüse, Brot, Käse und Fisch, da sollte man eigentlich nicht Hunger leiden, würd’ ich meinen. Ist aber so. Heißhunger-Attacke jeden zweiten Tag, unlängst hab ich zu später Stunde die Olasagasti-Dose mit Ventresca de Bonito geschlachtet, weil ich’s nicht mehr ausgehalten hatte. Die hatte vor 14 Jahren eine Thunfisch-Verkostung gewonnen, die ich mal fürs À la Carte (www.alacarte.at) machte, ich hob mir die Referenz-Dose (best before 2006) für irgendeinen würdigen Zeitpunkt auf. Mit Würde hatte das dann eher wenig zu tun, wie ich die 260g Öl-trunkenen Filets des rosigen, Marzipan-artigen Fettfischs inhalierte, aber was soll’s, Heißhunger braucht keine Rechtfertigungen. Und danach war an Schlaf zu denken, vorher nicht.
Und was natürlich auch sein kann, ist das, was mir letztes Jahr ungefähr um die Zeit passierte. Da machte das Brickmaker’s auf und ich besuchte es. Die Spezialität des Brickmaker’s ist Fleisch aus dem Smoker, stundenlang Heißgeräuchertes von Schwein und Rind, bevorzugt Rippen oder Brisket, das fette Bruststück. Und Craft Beer. Also lauter Sachen, die ich wirklich sehr, sehr schätze. Na ja, und nach ein paar Wochen auf Fleisch-Entzug ging’s dann halt mit mir durch, die Lokalkritik im Falter geriet eher extatisch als sonst was und die Redaktion ließ das dann so stehen.
Ich fürcht’, Brian Patton und Peter Zinter ist der Artikel heute noch peinlich, mir jedenfalls nur mehr ein bisschen. Aber ich überleg mir, T-Shirts zu drucken, auf denen steht „Achtung, ich esse seit drei Wochen kein Fleisch. Sonst bin ich eh ganz normal“ oder so ähnlich …
falter/2015/03/10/es-gibt-fleisch-baby-und-bier/