Sprechen wir über alkoholfreies Bier. Soll man es trinken? Darf man es trinken, wenn man länger als genussfähiger Mensch ernst genommen werden will, muss man gar?
Definitiv hat sich auf dem Sektor recht viel geändert in den vergangenen Jahren. Denn ohne Zweifel waren die alkfreien Biere bisher ungefähr so befriedigend wie die führerscheinfreien Alkoholiker-Autos für eine Reise nach Sizilien geeignet – nämlich nicht. Es handelte sich um Surrogate, bei denen weder Geschmack noch Geruch noch Mundgefühl ein Bier-Erlebnis zu vermitteln vermochten, gerade die Flaschenform erweckte vielleicht gewisse Assoziationen. Ob Clausthaler oder Schlossgold grauslicher sind, war ein eher leidenschaftslos geführter Schulstreit, bei dem Ottakringers Null komma Josef weinender Dritter war.
So etwas ähnliches wie Hoffnung keimte vor ein paar Jahren auf, als das deutsche Konzern-Bier Beck’s eine alkfreie Version auf den Markt brachte, die bei einer Genusstemperatur rund um den Gefrierpunkt gar nicht so schlecht war, also immer relativ gesehen, natürlich.
Jetzt haben sich allerdings zwei Dinge geändert: Erstens werden die alkoholfreien Biere nicht mehr als unbefriedigende Lösung für Alkoholiker, für Pechvögel, die das Los zogen, den Chauffeur zu machen, oder für Verwirrte mit eisernem Fastenwillen positioniert, sondern als „gesunde Alternative“. Vor allem in Deutschland verkauft man alkoholfreies Bier da jetzt echt als „isotonisch“, als „Sportler-Getränk“, als Wahl für den Gesunder-Geist-im-gesunden-Körper-Typ mit Fönfrisur und weißem Gebiss. Absolut lächerlich, deshalb aber nicht weniger erfolgreich: Bei den Germanen hat alkoholfreies Bier mittlerweile einen Marktanteil von 5%, das ist wahnsinnig viel.
Und was sich noch geändert hat: Brauereien und Braumeister, die ihr Handwerk wirklich verstehen und wissen, was ein gutes Bier ist, fangen jetzt auch damit an, derartige Getränke zu entwickeln. Reini Barta, zum Beispiel, charismatischer Gründer der Bio-Brauerei Gusswerk in Salzburg, füllt ein alkoholfreies „Jakobsgold“ ab, Stiegl verarbeitet in seinem „Freibier“ (guter Name, muss man sagen …) Mühlviertler Aromahopfen der Marke Saphir, also einer dieser Hopfen, mit denen auch Craftbeer-Macher gerne spielen, und das Gösser „Naturgold“ (weniger guter Name …) ist auch nicht wirklich schlecht, muss man sagen.
Und jetzt das: Mikkeller (mikkeller.dk), quasi Säulenheiliger der Craftbeer-Szene, eine dänische Konzept-Brauerei, die in unterschiedlichen, hochspezialisierten Brauereien brauen lässt (die meisten in Belgien), und die schottische Brau-Genossenschaft BrewDog (www.brewdog.com), einer der extrem sympathischen Vertreter der Craftbeer-Welt, machen auch alkfrei. „Drink’in The Sun“ heißt das Mikkeller, ein „American Style Wheat Ale“, „Nanny State“ das Ale von den Brauhunden, beide sind ganz schön gut. Alkoholfreies Bier ist also auf einmal cool, oder was? Arg.
Mikkeller Drink’in The Sun, BrewDog Nanny State bei www.beerlovers.at