Vorige Woche bebte eine Welle der revolutionären Begeisterung durch das österreichische Internet. Grund dafür war, dass sich der Mühlviertler Wirt Wolfgang Schwarz weigerte, das in Bad Leonfelden Klausur-tagende ÖVP-Regierungsteam in seinem Leonfeldner Hof zu bewirten. „Ich wollte einfach ein Zeichen setzen, dass ich mit vielen Entscheidungen der Regierung nicht einverstanden bin“, wird der Mann im Kurier zitiert (http://kurier.at/chronik/oberoesterreich/ooe-wirt-liess-oevp-spitze-nicht-in-seinem-restaurant-speisen/176.391.358). Das Volk jubelte, nicht nur in den sozialen Netzwerken gab es Zustimmung ohne Ende, dass es endlich einer „denen da oben“ reingesagt habe, auch das Telefon des Wirten blieb nach der Berichterstattung nicht still, alle fanden seine Bewirtungsverweigerung super.
Ich finde sie deppert. Ich halte sie einerseits für trotzig und infantil, andererseits ist mir das Gefühl unangenehm, dass sich ein Gastronom aussuchen zu können glaubt, wen er bewirtet und wen nicht. Ich bin kein Jurist, und da es sich bei solchen Angelegenheiten um Grund- und Verfassungsrecht handelt, wandelt ein Restaurantkritiker hier zweifellos auf dünnem Eis. Aber: So, wie in den sozialen Medien mit vor Inbrunst geschwollener Brust argumentiert wird, dass es sich hier um „Hausrecht“ handelt und der Wirt daher bewirten kann, wen er will, ist so halt nicht ganz richtig. Denn beim „Hausrecht“, dem Artikel 9 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger (StGG) handelt es sich um einen Schutz des privaten Wohnbereichs, dazu geeignet, diesen vor willkürlicher Untersuchung durch Obrigkeiten zu schützen.
Aber wie weit ist ein Gastronomiebetrieb Privatsache des Wirten, also „Wirtshaus“, und wie weit ist er öffentlich zugänglicher Dienstleistungs- und Bewirtungsbetrieb, der sich nach festgelegten Regeln wie Hygieneordnung, Dienstrecht oder Allergen-Kennzeichnungsverordnung zu richten hat, also „Gasthaus“? Mit dem verfassungsrechtlichen Grundrecht, das 1958 im Bundesgesetzblatt verankert wurde, scheint das auf den ersten Blick jedenfalls wenig zu tun haben.
Das Magazin „betrifft: Gastronomie & Hotellerie“ der Wirtschaftskammer prüfte vor ein paar Jahren die Lage anhand einer Debatte, ob ein Gastronom „Rauchersheriffs“ mit Hausverbot belegen darf oder nicht. Und das Ergebnis war folgendes:
Grundsätzlich kann jeder Gastwirt aufgrund der Vertragsfreiheit entscheiden, ob und mit welchem Inhalt er Bwirtungsverträge abschließt. Da dieses Recht zur Schlechterstellung eines schwächeren Vertragspartners führen kann, gibt es allerdings privat- und öffentlich-rechtliche Beschränkungen:
- Sittenwidrigkeit: Lokalverbot ist etwa dann „sittenwidrig“, wenn ein „Kontrahierungszwang“ anzunehmen ist, soll heißen, wenn der Wirt der einzige weit und breit ist (in Bad Leonfelden nicht der Fall).
- Diskriminierungsverbot: Eine Begrenzung der Vertragsfreiheit stellt das Gleichbehandlungsgesetz dar, das Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, Alter und sexueller Orientierung vorsieht. Und da wird’s heikel. Denn der Wirt Wolfgang Schwarz meinte, „Ich hätte das Gleiche gemacht, wenn es sich um eine Gruppe roter, blauer oder grüner Spitzen-Mandatare gehandelt hätte“ – was man als Diskriminierung von Mandataren bezeichnen könnte.
In weiterer Folge erläutert der WKO-Artikel, dass sich der Wirt zwar auf sein Hausrecht berufen könne, aber halt nur, um „fremde Einflüsse“ oder „Gefährdung“ auszuschließen. Ich war noch nie mit den ÖVP-Regierungsmenschen essen, weiß also nicht, wie gefährlich die werden können. Verstößt der Wirt allerdings gegen das Gleichbehandlungsgesetz, drohen ihm Verwaltungsstrafen von bis zu 1.090,– oder Schadenersatzpflicht. Wissend, wie das sozialmediale Volk reagieren würde, wird die schwarze Regierungsmannschaft auf eine Klage jedenfalls verzichten, nehm’ ich an.