Das weiche Aufmachen

FLORIAN HOLZER | 11.01.2016

Übung macht den Meister. Blöder Spruch, klar, allerdings trotz unerträglicher No-Na-Haftigkeit immer wieder verblüffend aktuell. Etwa im Beisl- und Lokalwesen. Oft erlebt: Lokal sperrt auf, Betreiber, Köche und Servicepersonal sind euphorisch, erste Gäste kommen, und dann der Realitätsschock – die Kühlung funktioniert nicht, die Lieferung von diesem oder jenem traf nicht ein, die Kellner wissen noch nicht, wo Tisch 5 ist oder wie die Kassa zu bedienen ist, in der Küche steigen sich die Leute auf die Füße und brüllen sich lieber mal ein bisserl an als zu kochen, der Wirt tänzelt von Tisch zu Tisch, um wartende Gäste zu beruhigen, nach einer dreiviertel Stunde verschwindet er dann lieber im Büro und traut sich nicht mehr raus …

Will niemand haben, deshalb hat man das so genannte „soft opening“ erfunden. Dessen Funktion es – zumindest laut Definition – sein sollte, einen Testlauf mit Test-Publikum – Freunde des Hauses, beim Umbau beschäftigte Handwerker, Familienmitglieder – durchzuführen, um Probleme in den Abläufen zu erkennen und Strategien entwickeln zu können, bevor die Härte des wirklichen Lebens einsetzt.

Zumindest theoretisch, in Wirklichkeit sieht das Softopening nämlich ein bisserl anders aus, zumindest in Wien, und zwar so: Ein Lokal macht auf, das zahlende Publikum wird als Versuchskaninchen eingesetzt und wenn man als Lokalkritiker anmerken möchte, dass da aber schon noch ganz schön viel im Argen ist, wird mit treuherzigem Blick entgegnet, dass man halt noch soft opene und eine Kritik daher – man müsse doch verstehen – unangebracht sei.

So funktioniert das aber halt nicht. Macht eure Softopenings hinter verschlossenen Türen, mit verklebten Fenstern und mit eingeladenen Gästen. Übt mit ihnen die Abläufe, überprüft mit ihnen, ob alles funktioniert und ob jede/r das kann, wofür er oder sie bezahlt wird. Es gibt immer wieder ein paar Lokale, die sich einen derartigen Professionalismus leisten, das ist erstens großartig und zweitens dient es natürlich auch sehr der Mundpropaganda, denn diese Test-Gäste halten sich ja selten ans vereinbarte Schweigegelübde und in den sozialen Medien wird dann schon einmal ordentlich für Fama gesorgt.

Eine andere Möglichkeit – so wird das in Österreich übrigens am häufigsten gemacht – besteht darin, eine Zeit lang ein verkleinertes Programm zu fahren oder noch nicht die volle Länge offen zu haben, bis alles passt. Okay, riskant, aber soll sein, solange das sitzt, was man an die Tische schickt

Klar ist aber: Wenn offen ist, ist offen, egal, ob soft, halbsoft oder fast schon hart. Und wenn für Essen echtes, hartes Geld verlangt wird, ist eine weiche Eröffnung leider kein Argument mehr dafür, Blödsinn zu machen. Da hätte man halt vorher üben müssen.