Dieses Blog befand sich jetzt ja längere Reit im Standby-Modus, der hiermit wieder auf „on“ geändert wird. Und zwar gleich mit einem Aufreger: Das kulinarische, beziehungsweise vordergründig kulinarische Thema des vergangenen Jahres war ja zweifellos das Theater um halal – also geschächtetes – Fleisch. Zur Erinnerung: Die Supermarktkette Spar nahm halal zertifiziertes Fleisch ins Programm, was für wüste (und gut organisierte) virale Proteste von Menschen sorgte, die in etwa argumentierten, „ich bin ja kein Rassist, aber dieses Schächten ist eine tierquälerische Unmenschlichkeit sondergleichen“. Nach wenigen Tagen ging Spar jedenfalls in die Knie, listete halal Fleisch wieder aus, und das, obwohl bei weitem nicht nur mit vermeintlicher Tierquälerei argumentiert wurde, sondern schon eher mit für jeden leicht erkennbarem Anti-Islamismus.
Wie tierquälerisch ist dieses „Schächten“ jetzt aber wirklich? Was passiert da, worum geht es muslimischen Fleisch-Essern bei ihrer Schlacht-Methode? Relativ leicht beantwortet: Muslime dürfen – wie auch Juden – kein Blut essen, weder geronnenes noch flüssiges (www.halal-iidz.eu/halal.php). Solche Vorschriften besitzen bei einer Religion, die aus der Wüste kommt, durchaus rationalen Hintergrund, wie Religionen aber nun mal sind, ist weder Differenzierung noch Anpassung an zeitgemäße Kühltechnik ihre starke Seite, weshalb also auch Tiere, die kühlen Gegenden halal geschlachtet werden, geschächtet werden müssen. Und dabei geht es darum, Tiere mit einem Kehlschnitt und durch Ausbluten zu töten. Klingt grausam, ja. Ist bei Tieren, die jedes Jahr in Österreich „religiös konventionell“ geschlachtet werden – 600.000 Rinder, 67.000 Kälber, 280.000 Schafe, 56.000 Ziegen, 950 Pferde und nicht weniger 5,4 Millionen Schweine (www.statistik.at/web_de/statistiken/wirtschaft/land_und_forstwirtschaft/viehbestand_tierische_erzeugung/schlachtungen/index.html) – in Wirklichkeit aber kaum anders.
Konkret kriegen die konventionell geschlachteten Tiere den Bolzen eines Schlachtschuss-Apparates in den Kopf oder einen Stromschlag, beides exakt so ausgelegt, dass die Tiere betäubt sind, nicht aber tot. Schließlich muss das Herz ja auch bei nicht-halal geschlachteten Tieren noch schlagen, wenn die Halsschlagader durchtrennt wird, denn auch diese Tiere sterben letztlich durch den Blutverlust. Also zumindest, wenn sie Glück haben, denn das mit der Betäubung klappt keineswegs zu hundert Prozent und bei der industriellen Schlachtung, wie sie heute quasi der Normalfall ist, leiden die Tiere oft noch minutenlang, bis sie endlich durch Aderschnitt erlöst werden. Toll, oder?
Der iidz schreibt in seiner Erklärung (siehe oben), dass die nach muslimischem Ritus geschlachteten Tiere unmittelbar nach dem Schnitt betäubt werden. Kann ich mir zwar schwer vorstellen, sie schreiben nicht, wie das geschieht, und es ist mir ehrlich gestanden auch egal. Ich halte die Entrüstung der tierfreundlichen Bewahrer westlicher Werte nämlich für erbärmliche Heuchelei und das Geschrei wegen der paar rituell geschächteten Tiere für einen absurden Hohn angesichts des Leides und der Qualen, die man für Leberkäs, Selchripperl, Tafelspitz und Extrawurstsemmerl einfach in Kauf nimmt, ohne auch nur den Bruchteil einer Sekunde darüber nachzudenken, was da geschieht. Und solche „Tierschützer“ kotzen mich an.
Ich hab vor eineinhalb Jahren an der Schlachtung eines Ochsen mitgewirkt und dabei eine Methode kennen gelernt, die sehr viel stressfreier und qualfreier abläuft als die klassische Schlachtung in den Blutfabriken: Betäubung per Schuss auf der Wiese, während das Tier grast und sich nichts Böses denkt, Durchtrennung der Kehle im Augenblick danach, aus, fertig, basta. Jeder, der sich jemals damit beschäftigt hat, weiß natürlich, dass das die beste Methode ist, leider bleibt sie halt dennoch verboten (darüber ein anderes Mal mehr). Zumindest in Österreich, in allen anderen EU-Ländern gibt es Ausnahme-Genehmigungen.
Und wo sind die empörten „Tierschützer“ jetzt? Wo sind die wütenden Mails an das Landwirtschaftsministerium, an die Landwirtschaftskammer, die Fleischhauerei-Innung, die Supermärkte? Wo? Ein paar halal Produkte sind bei Spar ausgelistet, das wirklich große Gemetzel, die wirklich große Bestialität geschieht aber weiter, sanktioniert von den Bewahrern westlicher Werte. Wenn tatsächlich all jene, die sich da vor ein paar Wochen wirklich aus tierschützerischen Gründen gegen den Verkauf von halal Fleisch stemmten, ihre tierschützerische Pflicht wahrnehmen würden, könnte man bei den entsprechenden Stellen ja vielleicht ein bisschen Dampf machen. Wird aber wohl nicht passieren. Denn um Tierschutz ging’s in Wirklichkeit ja nie …