Fastenblog 4: Tag 10, Du sollst dir einen anderen Fetisch suchen

FLORIAN HOLZER | 27.02.2015

Erste Woche ganz gut überstanden, die zu besuchenden Lokale hatten entweder zum Glück eh ein ganz properes fleischloses Angebot, beziehungsweise lief es unter beruflich bedingter Ausnahme – und machte entsprechend wenig Spaß. Und zwar wirklich: Kontroll-Freaks und Disziplin-Fetischisten, wie ich offenbar einer bin, können das zu befastende Lebens- und Genussmittel in ihrem Kopf offenbar so sehr negativ verankern, dass es fast ekelhaft war, die frische Salami und den auf der Zunge zergehenden Capocollo aus Süditalien zu kosten. Seltsam, rein rational gesehen weiß ich natürlich, dass mir das wahnsinnig gut schmeckt.

Viel interessanter ist es ja aber, nicht über das tote Tier nachzudenken, und wie und in welcher Form man es vermisst, sondern die Sehnsucht auf was anderes zu fokussieren, und da bietet sich gerade in der vorösterlichen Zeit eine Sache natürlich großartig an: DIE PINZE!

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Pinze ist nämlich erstens herrlich, zweitens gibt es sie (außer bei einigen Bäckern, die das Wesen der Verknappung irgendwie nicht begriffen haben) nur kurz vor Ostern und drittens sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Pinzen so eklatant, dass man sich da schon ganz schön hineinsteigern kann. Mache ich jedes Jahr und werde von meinen Freunden deshalb für ziemlich deppert gehalten. Macht nichts, ich unterhalte seit geraumer Zeit ein kontinuierliches Pinzen-Ranking, in dem die Osterpinzen der unterschiedlichen Anbieter Jahr für Jahr verkostet und in einem Zehn-Punkte-Schema bewertet werden.

Ab und zu werden die Schwächeren nachverkostet, aber weiß man erst einmal, wo die guten Pinzen wohnen, will man sich mit mittelmäßigen oder schwachen eigentlich nicht mehr sehr lange aufhalten. Spitzenreiter der vergangenen Jahre waren stets Oberlaa (9/10) und Auer (8/10), Kasses, Mühlenbrot, Aida, Gregors Konditorei und Fruth schwankten in den vergangenen Jahren zwischen 6,5 und 7 Zählern. Grimm hatte vergangenes Jahr nur sechs, wie ich gerade sehe, aber immerhin hat er seit Montag schon welche, als einer der ersten. Muss man auch irgendwie respektieren.

Und falls wer fragt: Pinze, was ist das denn überhaupt? Dann leset: Pinze ist ein österliches Brauchtumsgebäck, das seinen Ursprung mit hoher Wahrscheinlichkeit im slowenisch-steirischen Raum hat, dort Pinca oder Pinza heißt (auch in Triest bäckt man hervorragende!). Wie die meisten Brauchtumsgebäcke wird auch die Osterpinze aus Germteig hergestellt, allerdings mit zumeist etwas mehr Dotter, was sie gelb macht, und oft auch etwas Weißwein, Zitrone oder Fenchelsamen. Mittlerweile wird sie leider oft auch mit Vanille-Aroma gebacken, was zwar vielleicht irgendwie populär sein mag, aber natürlich grundsätzlich abzulehnen. Entscheidend vor allem die Form: der dreigeteilte Krapfen.

Eine Freundin verzichtet in der Fastenzeit übrigens auf so ziemlich alles, was in Pinzen drin ist. Eine schreckliche Vorstellung.