Das Bild, das sie hier sehen, ist historisch. Es dokumentiert den Vanillekipferlstand vom 1.1.2015, als noch drei Stück vorhanden waren. Geistesgegenwärtiges Betätigen der Handykamera belegt die Existenz der Vanillekipferl/Jahrgang 2014, einen anderen Beweis dafür gibt es jetzt nicht mehr. Sie sind Geschichte.
Und wiewohl mir natürlich völlig klar ist und es als belächelte Wiener Weisheit gilt, dass jeder Mensch Mutterns Vanillekipferln für die besten der Welt hält, so stimmt dieser Grundsatz in einem einzigen Fall tatsächlich: nämlich in meinem.
Ich kann das auch empirisch belegen: Jeder, der in der kurzen Zeit zwischen dem 24.12., an dem mir ein streng begrenztes Kontingent dieser Kipferln überreicht wird, und dem Tag, an dem das letzte dieser Exemplare verzehrt worden ist, die Gelegenheit hatte, diese Vanillekipferln zu kosten, bestätigte die Einzigartigkeit (an gegenteilige Äußerungen kann ich mich nicht erinnern, beziehungsweise weigere mich, mich daran zu erinnern, beziehungsweise Menschen, die so etwas sagen, je gekannt zu haben …).
Was sie so besonders macht? Ich kann da jetzt kein Rezept abliefern (wie man das von einem Blog wahrscheinlich erwarten würde), ich kann nur sagen: Die Kipferln sind schon einmal wunderschön und haben genau die richtige Größe. Nicht zu klein, nicht zu groß, das ist wichtig. Außerdem weiß ich, dass meine Mutter die Nüsse dafür selber knackt und reibt, und dass sie für die Avantgarde-Version ihrer Vanillekipferln, DIE MOHNVANILLEKIPFERLN, den Mohn in einer speziellen, gusseisernen, grünen Mohnmühle quetscht, die explizit älter ist als ich. Wenn man sie betätigt, erzeugt die Kurbel ein ganz feines Quietschen, ein schönes, weihnachtliches Geräusch. Die Kipferln sind nie zu süß und von beispielhaft sandig-mürber Konsistenz. Von ihnen abzubeißen ruft ein Bild in meinem Kopf hervor, aus meiner Kindheit, wenn wir neuen Sand („Donausand“) in die Sandkiste geschüttet bekamen. Der dann so neu und kristallin und formbar und sandig war. Ein Glücksmoment.
Wie jedes Jahr wurde auch heuer wieder ein Erzeuger eingeladen, sich dem hoffnungslosen Vergleich zu stellen, dieses Jahr brachte ein lieber Freund Produkte eines Konditorei-Betriebs namens Demel mit. Was soll ich sagen, von den etwa zwanzig (winzigen!) Exemplaren sind heute, 2.1.2015, immer noch fünf Stück vorhanden und machen einen übrig gebliebenen Eindruck. Aber es handelt sich da um Wahrheiten, die eigentlich nicht mehr verifiziert zu werden müssen. Meine Mutter macht die besten Vanillekipferln der Welt.