The Junkfood Diaries, Teil 1: Dosenfutter

FLORIAN HOLZER | 24.10.2014

Ich sammle Konserven. Ja. Ich liebe dieses Geheimnisvolle, das sie umgibt, die Verheißung, die harte, mit brachialen Geräten zu öffnende Schale und den weichen Kern. Ich liebe die brachialen Geräte, habe eine ganze Lade mit diversen grandiosen Dosenöffnern, die die unterschiedlichsten Dinge können, und deren Funktionsweise ich natürlich längst vergessen habe. Und unter meinem Küchenfenster hab ich so ein Kästchen, in das die Konserven rein kommen. Die wenigsten dienen dazu, tatsächlich geöffnet und verzehrt zu werden, meistens sind sie eher Souvenir. So wie der Dosen-Haggis aus Schottland. Je schräger, desto lieber.

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Mir ist natürlich völlig klar, dass man sich als Lokalkritiker, von dem ja eine gewisse Gourmet-Attitüde erwartet wird, auf dünnes Eis begibt, wenn man sich als Konserven-Fan outet. Eh. Ist mir aber erstens wurscht, zweitens gibt’s da gar nicht zu schämen, wie ich gleich erklären werde, und drittens ist das die erste Folge einer Reihe von Junkfood-Kapiteln hier im Blog, und in quasi jeder wird da wohl am Schluss eine Art Liebeserklärung rauswachsen. Tja.

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Weil nämlich nur, weil es die Firma Inzersdorfer gibt, deren Bestseller irgendwelche Gulaschuppen, Krautfleische und Dosenravioli waren und wahrscheinlich immer noch sind, unter denen Generationen von österreichischen Grundwehrdienern an Blähungen leiden mussten, heißt das nicht, dass Konserven nicht trotzdem super sein können. Okay, ich gestehe, ich mochte im Laufe meines Lebens auch Konserven, die alles andere als super waren, den Vier Diamanten-Thunfisch mit „Gemüse“ etwa konnte ich als Kind jeden Tag essen, dieser bröselig trockene Thunfisch, umschmeichelt von der süßen, zerkochten Zwiebel, garniert mit drei bis vier mehligen Erbsen – herrlich!

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Irgendwann entdeckt man dann aber etwa die Nuri-Sardine (ohne die ich heute immer noch nicht mehr leben will, und die – mit grünem Koriander und Frühlingszwiebel – das Beste ist, was man sich in nur 74 Sekunden zubereiten kann). Oder die portugiesischen Sardellenringerln mit Kapern, zu vier Stück in der winzigen Dose. Großartig, vor allem zu hart gekochtem Ei. Und irgendwann hat man dann vielleicht das Glück, im Baskenland eine kleine Gourmet-Konservenfabrik zu besuchen und zu sehen, wie die dort in großen Kesseln Schneckenragout kochen und das dann einfach in die Dosen füllen, oder Artischocken schnitzen oder Pimientos de Piquillo mit Pilzen füllen und in die Blechbüchsen schlichten. Ich hatte das Glück vor ein paar Jahren, seitdem liebe und achte ich gute Konserven noch mehr.

Unlängst organisierte ich für das Gourmet-Magazin A la Carte eine Thunfischdosen-Verkostung. Die Sieger waren von erlesener Köstlichkeit und mit bis zu18 Euro pro Dose auch echt nicht billig. Eine Delikatesse. Ich fand mich jedenfalls sehr bestätigt.