Wasser ist zum Waschen da. Das Bad aber zum Essen.

FLORIAN HOLZER | 10.08.2014

Softeis. Pommes frites. Salzgurke. Twinni. Es geht schon wieder um Rituale. Um Essen im Bad nämlich. Bad ist sowieso eine Ausnahme-Situation. Im Wesentlichen bedingt durch das Gefühl der Freiheit, nämlich Sommerferien, Urlaub und/oder Sonntag, im genauso Wesentlichten bedingt durch Schönwetter, was insgesamt schon einmal ganz gute Voraussetzungen für Euphorie bis hin zur Extase sind. Weiters aber auch nicht unwesentlich beeinflusst durch die Umstände kollektiver Nacktheit auf engem Raum, was Kindern eher wurscht ist, Erwachsene je nachdem mal so, mal so empfinden, und was für Jugendliche durchaus ein Problem sein kann, und durch strenge Regeln, personifiziert durch den Bademeister, die diese entgegenwirkenden Faktoren in geschmeidige Abläufe zu gießen versuchen.

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So weit meine Gesellschaftstheorie zum Bad (es ist heiß in meinem Büro …). Auch hier, so wie bei anderen Gelegenheiten sozio-psychologischer Ausnahmesituationen, hilft Essen und Trinken jedenfalls enorm. Und ein Bade-Besuch ohne Softeis, ohne Pommes, ohne Salzgurken oder ohne Twinni ist es einfach nicht. Da fehlt was. Das ist wie ins Bad gehen, ohne ins Wasser zu gehen (okay, ist mir schon das eine oder andere Mal geglückt). Oder wie ins Bad gehen und die Badehose vergessen (okay, auch das …). Herbert Sedlaczek, Buffetier des Schafbergbades in Wien, berichtete mir unlängst, dass er an starken Tagen vier bis fünftausend Essen verkaufe, das heißt, etwa zwei Drittel der Besucher kommen zu ihm. Und fast alle bestellen Langos oder Pommes rot/weiß. Das ist mir zwar ein bisserl rätselhaft, muss ich ganz ehrlich sagen, denn wonach mir so ziemlich am wenigsten der Sinn steht, wenn sich der Nabel mit Schweiß füllt, ist Langos oder Pommes rot/weiß, aber da hat halt jeder seine eigenen Rituale.

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Meines lautet: Gefüllte Paprika. Das Bad, in dem ich diese bevorzugt seit etwa 15 Jahren zu mir nehme, verlangt einen horrend hohen Eintritt, hat ein winziges Schwimmbecken, einen Regel-Katalog, der einem Respekt abverlangt, die (verpflichtenden Duschen) schöpfen ihr Nass aus arktischen Quellen und ein Mittagessen im Steirereck ist nicht viel teurer als ein Tagesgericht samt kleinem Bier in diesem Bad, das trotzdem mein Lieblingsbad ist.

Ja, ich hab schon mal bessere Gefüllte Paprika gegessen, ist aber wurscht, die hier sind Kult. Und ja, die starke Emotion zu dieser Speise liegt sicher auch darin begründet, dass es eher mit ziemlichem Glück zu tun hat, sie noch zu bekommen, denn entweder wollen sie alle (davon muss ich ausgehen, auch ich „erbte“ diese Passion von lieben Freunden mit sehr viel länger währender Erfahrung in diesem Bad), oder es wird konsequent zu wenig erzeugt. Wahrscheinlich beides.

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Heute gab es sie jedenfalls wieder mal nicht mehr (das oben ist ein historisches Foto aus dem Archiv). Paprikahendl war auch aus. Saure Wurst gab’s heut gar nicht (seltsam!). Augsburger mit Püree und Paradeiser-Gurkensalat waren noch da, gut.

Hoffentlich schaff ich’s heuer noch mal in das Bad. Hoffentlich gibt’s dann die Gefüllten Paprika noch. Ein Jahr ohne Gefüllte Paprika in dem Bad ist ein verlorenes Jahr.